Übergriffe auf Nutztiere EU-Kommission will Schutzstatus von Wölfen senken
Wölfe breiten sich in Europa aus, in 23 EU-Staaten leben die Tiere inzwischen. Vor allem Landwirte stört das, denn immer wieder kommt es zu Angriffen auf Nutztiere. Die EU-Kommission will Wölfe künftig weniger schützen.
Die Europäische Kommission will die strengen Schutzregeln für Wölfe lockern. Man schlage vor, den Status des Wolfs von "streng geschützt" auf "geschützt" abzusenken, teilte die Brüsseler Behörde mit. Dies würde es erlauben, die Jagd auf Wölfe zu genehmigen, wenn dadurch nicht der Erhalt von Populationen gefährdet wird.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte zu dem Vorstoß, die Rückkehr des Wolfs sei eine gute Nachricht für die Artenvielfalt in Europa. Die Dichte der Wolfsrudel in einigen europäischen Regionen sei inzwischen jedoch zu einer echten Gefahr geworden, insbesondere für die Nutztierhaltung.
Mehr Wölfe, mehr gerissene Nutztiere
Von der Leyen berief sich dabei auf eine gleichzeitig veröffentlichte Analyse, die zeigt, dass die Wolfspopulationen in den letzten zwei Jahrzehnten erheblich zugenommen haben und immer größere Gebiete besiedeln. Demnach gibt es mittlerweile mehr als 20.000 Wölfe mit meist wachsenden Populationen und expandierenden Streifgebieten sowie Rudel mit Welpen in 23 Mitgliedstaaten.
Mit dem Vorschlag für ein Herabsetzen des Schutzstatus für Wölfe kommt die EU-Kommission insbesondere den Forderungen von Nutztierhaltern und Landwirten nach. Diese verweisen auf zunehmende Probleme. Allein in Deutschland ist die Zahl der Wolfsübergriffe auf Nutztiere nach einem Bericht im vergangenen Jahr auf mehr als 1.000 Fälle gestiegen. Dabei wurden mehr als 4.000 Nutztiere getötet oder verletzt.
Ob die Bundesregierung den Vorstoß unterstützt, ist bislang nicht bekannt. Umweltministerin Steffi Lemke hatte sich Anfang des Jahres noch klar gegen die Absenkung des Schutzstatus für Wölfe ausgesprochen und unter anderem darauf verwiesen, dass der Abschuss von einzelnen auffälligen Wölfen auch heute schon unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist.
Schnellerer Abschuss problematischer Wölfe
Die Umweltminister von Bund und Ländern hatten sich vor rund drei Wochen darauf verständigt, dass problematische Wölfe, die Schutzzäune überwunden und Nutztiere gerissen haben, in Deutschland künftig deutlich schneller als bisher getötet werden können.
Demnach soll 21 Tage nach einem Nutztierriss auf einen Wolf geschossen werden dürfen, der sich im Umkreis von einem Kilometer um die Rissstelle aufhält. Voraussetzung dafür ist weiterhin eine Abschussgenehmigung, außerdem geht es um "zuvor festgelegte Regionen mit erhöhtem Rissvorkommen". Anders als zuvor soll keine DNA-Analyse mehr nötig sein.
Kritik von BUND, Nabu und WWF
Umwelt- und Naturschutzorganisationen wie BUND, NABU und WWF kritisierten den Vorstoß der EU-Kommission und forderten, den Herdenschutz zu verbessern. "Alle wissenschaftlichen Studien belegen, dass die Zahl der Nutztierrisse von der Qualität des Herdenschutzes abhängt und nicht von der Zahl der Wölfe", sagte etwa der BUND-Vorsitzende Olaf Band.
Im EU-Recht sind Wölfe bislang durch die FFH-Naturschutzrichtlinie besonders geschützt. Diese Richtlinie beruht auf den Vereinbarungen der Berner Konvention für den Erhalt wildlebender Pflanzen und Tiere in Europa und kann deshalb nicht auf alleinige Initiative der EU geändert werden. Dem Vorschlag der Kommission müssen alle 51 Unterzeichner der Konvention zustimmen, darunter unter anderem die Türkei und Belarus.