Teilmobilmachung in Dagestan Mit Warnschüssen gegen Demonstranten?
Auch aus der muslimisch geprägten russischen Teilrepublik Dagestan sollen Männer in den Krieg gegen die Ukraine ziehen. Bei Protesten gegen Putins Anordnung ging die Polizei hart gegen die Demonstranten vor.
Bei einem Protest gegen die Mobilmachung von Reservisten sind Polizisten laut Bürgerrechtlern in der russischen Teilrepublik Dagestan im Kaukasus mit Warnschüssen gegen Demonstranten vorgegangen.
Im Dorf Endirej blockierten Anwohner eine Straße, um so die von Russlands Präsident Wladimir Putin angeordnete Teilmobilisierung zu behindern, wie die unabhängige Bürgerrechtlerorganisation OVD-Info mitteilte.
110 Dorfbewohner sollen zwangsrekrutiert werden
Auf Videos ist zu sehen, wie Polizisten Gewehre in die Luft richten, dann sind Schüsse zu hören. Auch Gerangel zwischen Anwohnern und Beamten ist zu sehen. Laut dagestanischen Medien war der Protest eine Reaktion darauf, dass aus dem Dorf 110 Männer in den Krieg gegen die Ukraine gezwungen wurden.
In sozialen Netzwerken wurden auch Videos geteilt, die Proteste in Dagestans Hauptstadt Machatschkala zeigen sollen. Auf einem ist zu sehen, wie ein Polizist einem bereits festgenommenen Mann ins Gesicht schlägt. Ein anderer Clip zeigt, wie Frauen vor einen fahrenden Einsatzwagen rennen, um ihn aufzuhalten. Demnach skandierten die Demonstranten in der Hauptstadt Machatschkala "Nein zum Krieg".
Aktivisten sprechen von "ethnischen Säuberungen"
Das muslimisch geprägte Dagestan gehört zu den Regionen Russlands, aus denen Beobachtern zufolge besonders viele Männer eingezogen werden. Aktivisten beklagen, dass Angehörige ethnischer Minderheiten besonders stark von der Mobilmachung betroffen sind und sprechen deshalb teils sogar von "ethnischen Säuberungen".
Einer Zählung des Senders BBC zufolge sind bislang mindestens 301 Soldaten aus Dagestan im Ukraine-Krieg gefallen. Das wäre die höchste Zahl für eine russische Region und mehr als zehn mal die Zahl der Toten aus Moskau, das eine fünfmal größere Bevölkerung aufweist. Eine offizielle Aufschlüsselung der russischen Verluste liegt nicht vor.
Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj äußerte sich zu den Protesten. "Wir sehen, dass Menschen, besonders in Dagestan, angefangen haben, um ihr Leben zu kämpfen", so Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache.