Staatengemeinschaft Wohin steuert der König das Commonwealth?
Das Commonwealth ist eine lose Vereinigung unabhängiger Staaten. König Charles III. steht jetzt an der Spitze dieser Gemeinschaft. Deren Zusammenhalt bröckelte schon vor dem Tod der Queen. Beschleunigt sich diese Entwicklung nun?
Die Bindung vieler Staaten an die britische Krone lässt nach - und damit auch die Bereitschaft, den britischen Monarchen als Staatsoberhaupt zu akzeptieren. König Charles III. weiß das sehr genau. Als der karibische Inselstaat Barbados im vergangenen November zur Republik wurde und Präsidentin Sandra Mason die Queen als Staatsoberhaupt ablöste, war Charles persönlich vor Ort.
"Die Schaffung dieser Republik bietet einen Neuanfang, aber sie markiert auch einen Punkt auf einem Kontinuum, einen Meilenstein auf dem langen Weg, den Sie nicht nur zurückgelegt haben, sondern den Sie geschaffen haben", sagte er damals. "Von den dunkelsten Tagen unserer Vergangenheit und den schrecklichen Gräueltaten der Sklaverei, die für immer unsere Geschichte befleckt, haben sich die Menschen dieser Insel ihren Weg mit außerordentlicher Tapferkeit gebahnt." Anerkennende Worte für einen Staat, den Charles als König nun nicht mehr repräsentiert. Denn Barbados ist keine konstitutionelle Monarchie mehr.
Staatsoberhaupt von 15 Staaten - noch
Noch ist König Charles III. das Staatsoberhaupt von 15 Staaten. Aber Jamaika will dem Vorbild von Barbados folgen, Antigua und Barbuda will innerhalb der nächsten drei Jahre das Volk über seine Staatsform abstimmen lassen, und auch in Australien wird darüber diskutiert, ob nicht ein Präsident die Rolle des Königs übernehmen sollte.
Baroness Valerie Amos, die unter Premier Tony Blair Unterstaatssekretärin für das Commonwealth war und später britische Hochkommissarin in Australien wurde, sieht in dieser Entwicklung nicht zwangsläufig eine Bedrohung für das Commonwealth. "Ich glaube, dass King Charles sehr stark empfindet, dass dies eine Entscheidung der Völker der Länder ist und dass die enge Beziehung, die wir mit diesen Ländern haben, auch dann bestehen bleiben kann, wenn sie entscheiden, wer Staatsoberhaupt sein soll", sagte sie.
Kritik an altertümlicher Einrichtung
Kritiker sehen die Gemeinschaft dagegen tatsächlich in Gefahr. Der Kommentator der "Times", Ben Macintyre, hat es bildlich so umschrieben: Das Commonwealth komme zwar immer noch als große Adresse daher. Tatsächlich aber bröckele die Fassade. Die Einrichtung sei altertümlich, es fehle an Ressourcen und es sei nicht klar, wofür die Gemeinschaft eigentlich stehe.
Claire Whitaker, die Vorsitzende der Royal Commonwealth Society, würde das wohl nicht so stehen lassen. Sie sieht klare Vorzüge. "Als ich mich ins Commonwealth eingebracht habe, habe ich die Bedeutung von Staaten gesehen, die häufig nicht die Möglichkeit haben, am Verhandlungstisch zu sitzen, wie etwa die kleinen Inselstaaten", sagte sie. Diese Staaten einzubinden und ihnen Gehör zu verschaffen, sei das Ziel. Außerdem ist Whitaker überzeugt, dass viele junge Menschen durch Förderprogramme Chancen bekommen haben, die sie sonst nie gehabt hätten.
Der Gemeinschaft neues Leben einhauchen
Diese Vorteile allein scheinen aber nicht zu reichen, und die historische Verbindung zur britischen Krone ist belastet. Mehrere Ex-Kolonien fordern, dass Großbritannien Reparationen für den Sklavenhandel zahlen soll, der das Königreich einst reich gemacht hat. König Charles hat damit große Aufgaben vor sich: Die Gemeinschaft zusammenzuhalten, ihr neues Leben einzuhauchen und ihr mehr Bedeutung zu verschaffen. Möglicherweise könnte dem König an dieser Stelle sogar die Regierung helfen.
Guy Hewitt vom Institut für Commonwealth-Studien an der University of London erklärt wieso: "Ich weiß, dass die britische Regierung nach neuen Handelsmöglichkeiten mit dem Commonwealth sucht, und das bietet in Abwesenheit des europäischen Marktes eine wunderbare Gelegenheit." Vielleicht würden damit auch die Briten mehr Interesse am Commonwealth entwickeln. Bisher spielt es für sie im Grunde nur alle vier Jahre eine Rolle - wenn die Commonwealth Games stattfinden. Denn dann hoffen die Briten, bei dem sportlichen Großereignis Siege und Medaillen einzufahren.