Faeser zu Bericht über Anschlagsplan "Wir werden uns nicht einschüchtern lassen"
Sabotage, Spionage, Terrorismus: Eine Vielzahl russischer Bedrohungen zählt die Innenministerin nach dem mutmaßlichen Anschlagsplan auf Rheinmetall-Chef Papperger auf. Russland dementiert. Die CDU fordert weitere Maßnahmen.
Nach dem Bericht über Anschlagspläne gegen Rheinmetall-Chef Armin Papperger hat Innenministerin Nancy Faeser von einer Entschlossenheit in deutschen Sicherheitsbehörden gesprochen. "Wir äußern uns nicht zu einzelnen Bedrohungssachverhalten", sagte die SPD-Politikerin der Nachrichtenagentur dpa. "Aber ganz klar ist: Wir nehmen die erheblich gestiegene Bedrohung durch die russische Aggression sehr ernst."
Man handle zusammen mit den internationalen Partnern und den Sicherheitsbehörden der Länder, um Deutschland zu schützen und die Pläne des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu durchkreuzen. Putins Regime wolle die Unterstützung für die Ukraine unterminieren, teilte Faeser mit. "Aber wir werden uns nicht einschüchtern lassen."
Die Schutzmaßnahmen seien angesichts der russischen Bedrohungen in den vergangenen beiden Jahren massiv hochgefahren worden. "Die Bedrohungen reichen von Spionage, Sabotage und Cyberattacken bis hin zu Staatsterrorismus."
Papperger: "CNN schaut nicht einfach in den Himmel"
Die Innenministerin erinnerte an zwei mögliche Sabotageakte, die die deutsche Spionageabwehr im April verhindert hatte. Damals waren in Bayern zwei Männer festgenommen worden, denen die Planung von Sabotageaktionen insbesondere gegen die deutsche Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland vorgeworfen wird.
"Unsere Sicherheitsbehörden haben sehr konsequent zugeschlagen und mögliche Sprengstoffanschläge in Deutschland verhindert", so Faeser. "Wir werden weiter alles tun, um russische Bedrohungen in Deutschland zu unterbinden."
Papperger selbst machte deutlich, dass der CNN-Bericht wohl nicht aus der Luft gegriffen sei. "CNN schaut nicht einfach in den Himmel", sagte er der Financial Times. Er hat sich immer wieder für mehr Waffenlieferungen an die Ukraine starkgemacht. Sein Konzern, einer der größten Hersteller von Munition weltweit, betreibt gemeinsam mit der Ukraine einen Reparaturbetrieb für Panzer im Westen des Landes. Erst im Juni hatte Papperger angekündigt, die Zusammenarbeit mit der Ukraine ausweiten und Lynx-Schützenpanzer liefern zu wollen.
Rüstungszulieferer Hensoldt prüft Sicherheitsprogramm
Eine andere Rüstungsfirma, Hensoldt, gab im Zuge des Berichts über den Rheinmetall-Chef an, die Maßnahmen zum Schutz ihrer Manager zu analysieren. "Für uns ist das Anlass, unsere ohnehin hohen Sicherheitsstandards noch einmal zu überprüfen", sagte ein Sprecher von Hensoldt der Nachrichtenagentur Reuters.
Hensoldt-Chef Oliver Dörre ist in der Öffentlichkeit weit weniger präsent als Papperger. Hensoldt - mit Sitz in Taufkirchen bei München - produziert das Radar für das Flugabwehrsystem IRIS-T, mit dem sich die Ukraine gegen russische Angriffe verteidigt.
Scholz äußert sich nur zurückhaltend
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hielt sich beim NATO-Gipfel in Washington zurück. Es sei aber sehr genau bekannt, "dass wir uns auf vielfältige Weise Bedrohungen seitens russischer Aktivitäten ausgesetzt sehen und das auch sehr sorgfältig beachten", sagte er.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) verwies auf den Tiergarten-Mord von 2019, bei dem laut dem Berliner Kammergericht ein tschetschenischstämmigen Georgier im Auftrag staatlicher russischer Stellen ermordet wurde. "Russland schreckt vor Mordanschlägen auch bei uns nicht zurück", schrieb Buschmann bei X. "Berichte über weitere Mordpläne nehmen wir sehr ernst."
Politische Konsequenzen forderten indes weitere Außen- und Verteidigungspolitiker. Marcus Faber (FDP) etwa, Vorsitzender des Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag, sagte der Bild-Zeitung: "Sollten Informationen darüber vorliegen, welche russischen Stellen in den Anschlagsplan verwickelt waren, müssen Ausweisungen von Diplomaten und gegebenenfalls die Ausstellung von internationalen Haftbefehlen folgen".
"Kanzler muss Bevölkerung reinen Wein einschenken"
CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter forderte als Konsequenz aus dem CNN-Bericht, die deutschen Geheimdienste zu stärken. "Es geht darum, dass unsere Nachrichtendienste befähigt werden, besser aufzuklären, dass die Übermittlungsvorschriften nicht erschwert werden", sagte er im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Die deutschen Dienste müssten auf Augenhöhe mit den Nachrichtendiensten der Nachbarstaaten gebracht werden.
Um die Gefahr auf deutschem Boden einzudämmen, "reicht es nicht, den einen oder anderen Diplomaten aus Russland auszuweisen", betonte Kiesewetter. Er begrüßte die Entscheidung, US-Mittelstreckenraketen in Deutschland zu stationieren. "Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir nicht politisch oder militärisch erpressbar werden durch Russland."
Deswegen, so Kiesewetter, sei "diese Nachrüstung erforderlich." Sie müsse besser erklärt werden - auch durch Kanzler Scholz. "Hier muss der Kanzler der Bevölkerung reinen Wein einschenken, wie groß die Bedrohung wirklich ist."
Teil einer Anschlagsserie in ganz Europa?
Der US-Sender CNN berichtete, wie US-Geheimdienste Anfang des Jahres Pläne der russischen Regierung zur Ermordung Pappergers aufgedeckt haben sollen. Demnach wurde daraufhin die deutsche Seite informiert, woraufhin Papperger geschützt worden sei.
CNN beruft sich auf fünf mit der Situation vertraute Beamte aus den USA und anderen westlichen Staaten. Ein deutscher Regierungsbeamter bestätigte dem Sender demnach, dass man in Berlin entsprechende Warnungen aus den USA bekommen habe. Auch die Süddeutsche Zeitung bestätigte anhand ihrer Quellen, dass die Angaben zutreffen.
Dem Bericht zufolge war das aufgedeckte Vorhaben Teil einer geplanten Mordanschlagsserie auf Führungskräfte von Rüstungskonzernen in ganz Europa, die mit ihren Waffen den ukrainischen Verteidigungskrieg gegen Russland unterstützen.
Russland weist Bericht zurück
Russland wies den Bericht über ein geplantes Attentat auf Rheinmetall-Chef Papperger als falsch zurück. Es handele sich um "fake news", basierend auf anonymen Quellen, teilte das Präsidialamt in Moskau mit. Solche Berichte könnten nicht ernst genommen werden.