Anwärter für den Posten des EU-Ratspräsidenten Das Feilschen um den Top-Job in Brüssel
Die Briten hätten gerne Tony Blair, die Benelux-Staaten Jan Peter Balkenende, Schwedens EU-Kommissarin will eine Frau. Wer EU-Ratspräsident werden könnte, ist noch völlig offen, doch das Feilschen um den Top-Job ist in vollem Gange.
Von Sylvie Ahrens, HR-Hörfunkkorrespondentin Brüssel
Sie sind überzeugter Europäer, haben Führungsqualitäten und scheuen nicht den Konflikt mit 27 verschiedenen Egos? Dann bewerben Sie sich jetzt bei der Europäischen Union, könnte die Stellenanzeige für einen der begehrtesten Jobs EU-weit lauten. Für den neuen Posten als ständiger EU-Ratspräsident gibt es allerdings schon einige Anwärter.
"Da gibt es halt eine dezidierte Haltung"
Großbritannien sähe zu gerne seinen ehemaligen Premier Tony Blair an der Spitze, bekommt aber Gegenwind unter anderem aus Österreich. Kanzler Werner Faymann sperre sich, betont Außenminister Michael Spindelegger: "Da gibt es halt eine dezidierte Haltung des Bundeskanzlers, die aber auch zu respektieren ist", so Spindelegger. Die Kritiker, zu denen auch die Benelux-Staaten gehören, sehen in Blair einen Euroskeptiker. Außerdem ist Großbritannien weder Teil des Schengen-Raums, noch zahlt man dort mit dem Euro.
Belgien, die Niederlande und Luxemburg haben deshalb den niederländischen Ministerpräsidenten Jan Peter Balkenende ins Gespräch gebracht, könnten aber auch mit dem Luxemburger Jean-Claude Juncker leben. Wen Deutschland favorisiert, ist noch unbekannt. Werner Langen, konservativer Europaabgeordneter, findet, dass weder Blair noch Juncker dem Profil entsprechen: "Er muss aus dem Euroraum kommen, er muss eine europäische Agenda haben und er darf weder zu schwach sein noch zu stark und eigenständig, er muss also ausgleichen können. Dafür kommt Herr Blair nicht in Frage und Herr Juncker hat andere Positionen", so Langen.
Inzwischen haben weitere Länder Namen aus dem Hut gezaubert. Der finnische Außenminister Alexander Stubb nennt gleich vier Kandidaten: "Olli Rehn als EU-Außenminister, Martti Ahtisaari als Präsident, Tarja Halonen als Präsidentin, Paavo Lipponen als Präsident. Wäre das ein Wettbewerb, wie viel Finnen eine Chance haben - ich würde sagen, sie wären alle vier wunderbar, ob als Präsident oder EU-Außenminister."
"So viele kompetente Frauen"
Immerhin ist unter den Aufgezählten eine Frau: Finnlands Präsidentin Tarja Halonen. Litauen schlägt außerdem die frühere lettische Präsidentin Veira Vike-Freiberga vor. Ganz im Sinne der schwedischen EU-Kommissarin Margot Wallström. Ihrer Meinung nach stellte sich die EU ein Armutszeugnis aus, wäre unter den Führungskräften keine Frau. "Vom Standpunkt der Demokratie betrachtet, reduzierte das die über 50 Prozent an Frauen in der EU zu einer Minderheit", meint Wallström. Das sei im Jahr 2009 absolut inakzeptabel. "Wir haben so viele kompetente Frauen für die Ämter."
"Spekuliert wird viel, ich weiß, ich lese die Zeitung"
Weil die Spekulationen immer weiter ausufern, mahnt die schwedische Europaministerin Cecilia Malmström zur Zurückhaltung. Sie erinnert daran, dass der entscheidende Lissabon-Vertrag noch gar nicht in Kraft ist: "Wir regeln das, wenn wir eine Grundlage dafür haben. Spekuliert wird viel, ich weiß, ich lese die Zeitung, aber es gibt keinen offiziellen Kandidaten." Bevor am kommenden Dienstag nicht das tschechische Verfassungsgericht geurteilt hat, ist also nicht mit einer Personalentscheidung zu rechnen.