Machtwort der EU Belgien muss Großkonzerne zur Kasse bitten
Die EU wirft Belgien vor, 35 multinationalen Unternehmen ungerechtfertigte Steuervorteile eingeräumt zu haben. Jetzt soll das Land mehr als 700 Millionen Euro von den betroffenen Unternehmen einfordern. Und die EU-Kommissare wollen sogar noch nachlegen.
Die EU wirft Belgien vor, 35 multinationalen Unternehmen ungerechtfertigte Steuervorteile eingeräumt zu haben. Jetzt soll das Land über 700 Millionen Euro von den 35 betroffenen Unternehmen einfordern. Und die EU-Kommissare wollen sogar noch nachlegen.
Die EU-Kommission hat einen Erfolg gegen unfairen Steuerwettbewerb erreicht. Sie verlangte von der belgischen Regierung, rund 700 Millionen Euro von 35 multinationalen Konzernen einzufordern. Das Land habe den Unternehmen "erhebliche Steuervorteile" gewährt, die als unzulässige Staatsbeihilfen gewertet werden, sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager.
"Dadurch werden kleinere Konkurrenten, die nicht Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe sind, im Leistungswettbewerb benachteiligt", erklärte Vestager. Die seit 2005 in Belgien geltenden Steuerregleungen für Gewinnüberschüsse ermöglichten Unternehmen aus multinationalen Gruppen, wesentlich weniger Steuern zu zahlen. Dies liege vor allem an der Bemessungsgrundlage der Körperschaftssteuer, die um 50 bis 90 Prozent verringert wurde.
Belgischer Finanzminister nicht überrascht
Betroffen sind vor allem Konzerne aus der EU. Um welche Unternehmen es sich dabei handelt, wurde aber nicht bekannt gegeben. Es sei Sache des Landes, die Namen der betroffenen Firmen zu nennen. Vestager sagte lediglich, es gehe "um eine große Viefalt von Branchen". Dem Vernehmen nach handelt es sich unter anderem um den Brauerei-Konzern AB InBev und British American Tobacco.
Die Kommission hatte im Februar eine Untersuchung der Praxis in Belgien angekündigt. Deshalb hatte Belgiens Finanzminister Johan Van Overtveld die 2005 eingeführten Regeln bereits zu diesem Zeitpunkt außer Kraft gesetzt. Das Ergebnis der Ermittlungen erspreche nun auch seinen Erwartungen.
Länder behalten sich rechtliche Schritte vor
Eine Rückforderung der 700 Millionen Euro könnte allerdings zum Problem für Belgien werden. Es werde "sehr große Konsequenzen" für die Unternehmen bedeuten und sei zudem rechtlich schwierig, sagte van Overtveld.
In den kommenden Wochen will sich die belgische Regierung mit der EU zusammensetzen, um weitere Schritte zu besprechen. Bevor diese Verhandlungen abgeschlossen sind, behalte sich das Land vor, Einspruch gegen die Entscheidung der Behörde einzulegen. Die EU kündigte allerdings bereits an, weitere Vorschläge am 27. Januar zu präsentieren, die den Konzernen die Steuervermeidung erschweren soll.
Der erste Schlag gegen ein gesamtes System
Der Europaabgeordnete der Grünen, Sven Giegold, nannte die Kommissionsentschiedung eine "gute Nachricht für die europäischen Steuerzahler", denn zum ersten Mal verurteilte die EU-Kommission "nicht nur einzelne Unternehmen, sondern ein gesamtes System zur Steuervermeidung", erklärte Giegold.
Die Kommission geht auch in anderen Ländern gegen unfairen Steuerwettbewerb vor. Die US-Kaffeehauskette Starbucks oder der italienische Autobauer Fiat wurde in den Niederlanden beziehungsweise Luxemburg zu Nachzahlungen in Höhe von 30 Millionen Euro verurteilt. Beide Länder haben den Einsatz von Rechtsmitteln gegen die Entscheidung angekündigt.
Der Auslöser für die Überprüfungen war die sogenannte LuxLeaks-Affäre. Ende 2014 hatte ein internationales Recherchenetzwerk Hunderte von Fällen aufgedeckt, bei denen multinationale Konzerne in Luxemburg auf Kosten anderer EU-Länder Steuerzahlungen vermeiden. Dazu nutzten sie Tochterfirmen, die eigentlich keinen Umsatz machten, und verlagerten ihre Gewinne auf sie aus anderen EU-Ländern.