Kampf um EU-Spitzenposten Macron pokert hoch
Frankreichs Präsident Macron ringt um seinen Einfluss in der EU. Da kann er beim Poker um die Spitzenpositionen in Brüssel nicht nachgeben - und nimmt den Konflikt mit seiner Verbündeten Merkel in Kauf.
"Vieles kann, nichts muss" das könnte das Motto von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron beim EU-Gipfel in Brüssel sein. Vor allem was die Frage nach dem zukünftigen europäischen Kommissionspräsidenten angeht. Vieles kann, aber eben nicht alles - vor allem nicht, dass der konservative Spitzenkandidat der EVP, Manfred Weber, Kommissionspräsident wird.
Widerstand gegen Weber
Schon am Morgen nach der Europawahl, aus der Macrons Partei "La Republique en Marche" besser hervorgegangen war, als von ihr selbst befürchtet, erklärte Pascal Canfin, Listenplatz zwei der liberalen Macronisten: "Der Kandidat der EVP, der Deutsche Manfred Weber, ist für diesen Job überhaupt nicht qualifiziert. Das Spiel ist also wieder offen." Man wolle einen anderen Kandidaten, vielleicht einen Franzosen, auf jeden Fall einen Kandidaten, der näher an der neuen politischen Mitte des Parlamentes dran sei. Denn die ist nicht mehr so konservativ wie vor den Wahlen.
Bereits vor der Europawahl sprachen sich Macron und die Seinen immer wieder gegen das Prinzip des Spitzenkandidaten aus. Natürlich aus taktischen Gründen, denn Macrons Partei, die Teil der liberalen Fraktion sein wird, hat nach diesem Prinzip nur wenig Chancen, die Kommissionsspitze zu stellen.
Macron will starke Führung
Es geht aber auch um die Personalie Weber an sich. Macron will eine starke und erfahrene Persönlichkeit an der EU-Spitze. Die harte Konfrontation mit Kanzlerin Angela Merkel, die den CSU-Mann Weber schon allein aus parteipolitischen Gründen unterstützt, versuchte der Präsident in einem Interview mit dem Schweizer Fernsehen vergangene Woche abzumildern. Er brachte Merkel selbst als Kommissionspräsidentin ins Spiel: "Wenn sie wolle, würde ich sie unterstützen. Wir brauchen eine starke Persönlichkeit an der Spitze. Europa braucht neue Gesichter und starke Persönlichkeiten."
Dass Merkel kein wirklich neues Gesicht ist und dass die Kanzlerin das Spitzenamt in Brüssel nicht antreten will, dürfte auch Macron klar sein. Trotzdem: Seine Aussage macht klar, für ihn kommt nur jemand in Frage, der in der Lage ist, einen großen Teil seiner Reformvorhaben mitzutragen. Das gilt nicht nur für den Posten der Kommissionspräsidentschaft, sondern auch für die anderen zu besetzenden Spitzenämter: "Für mich gibt es vier Schlüsselposten: die Kommission, den hohen Repräsentanten für Außenpolitik, den Parlaments- und den Rats-Präsidenten."
Die Europäische Zentralbank nennt Macron nicht. Sie sei kein politisches Amt, heißt es aus Elysée-Kreisen. Mit dem EZB-Chefposten wird sich Frankreich also nicht abspeisen lassen.
Gesucht: Einigung zwischen Deutschland und Frankreich
Macron ringt um seinen Einfluss in der Europäischen Union. In Brüssel will er noch einige bilaterale Gespräche führen, natürlich mit Kanzlerin Merkel und Ratspräsident Tusk, aber auch mit dem niederländischen liberalen Premier Mark Rutte oder dem portugiesischen Sozialisten, Premierminister Antonio Costa. Es geht darum, Mehrheiten für einen Kommissionspräsidenten im Sinne Frankreichs zu organisieren.
Macron könnte den Franzosen Michel Barnier präsentieren. Als Chefunterhändler für den Brexit hat Barnier ausreichend Erfahrungen innerhalb der europäischen Institutionen. Außerdem gehört der konservative Politiker, wie auch Weber, der EVP, der größten Fraktion im Europaparlament an. Es könnte ein Kompromisskandidat sein, bei dem Merkel und Macron zusammenkommen.
Klar ist, nur wenn es eine Einigung zwischen Deutschland und Frankreich gibt, kann die Besetzung der Spitzenämter gelingen. Aus Elysée-Kreisen heißt es, die Chancen dafür seien gegeben. Allerdings müssten dann die immer gleichen Namen vom Tisch: allen voran der von Manfred Weber.