Personalie Selmayr Vernichtende Kritik von EU-Ombudsfrau
Die umstrittene Blitzbeförderung des Juncker-Schützlings Martin Selmayr zum EU-Generalsekretär hatte schon im Frühjahr hohe Wellen geschlagen. Nun hat auch die EU-Bürgerbeauftragte scharfe Kritik an den Vorgängen geübt.
An der umstrittenen Blitzbeförderung des Deutschen Martin Selmayr zum höchsten Beamten der EU-Kommission hat nach dem Europaparlament nun auch die EU-Bürgerbeauftragte vernichtende Kritik geübt. Ombudsfrau Emily O'Reilly prangerte "Verwaltungsmissstände" an, weil die Kommission die einschlägigen Regeln nicht korrekt angewandt habe, weder ihrem Wortlaut noch ihrem Sinn nach.
Selmayr, damals Kabinettschef von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, war nach einem Bewerbungsverfahren im Februar zunächst zum Vize-Generalsekretär der EU-Kommission berufen worden. Nur Minuten später beförderte das Kollegium der Kommissare den 47-Jährigen direkt zum Generalsekretär, als Juncker überraschend den Rückzug des Amtsinhabers Alexander Italianer bekannt gab.
"Künstlich den Eindruck von Dringlichkeit kreiert"
Juncker und Selmayr wussten nach eigenen Angaben aber schon lange vorher, dass Italianer zu dem Zeitpunkt gehen wollte, und hielten dies geheim. "Die Kommission kreierte künstlich den Eindruck von Dringlichkeit für die Neubesetzung der Stelle des Generalsekretärs, um rechtfertigen zu können, dass keine Stellenausschreibung veröffentlicht wurde", monierte O'Reilly.
Zudem sei das Auswahlverfahren für den Vize-Generalsekretär nur organisiert worden, um Selmayr in zwei Schritten rasch zum Generalsekretär zu machen. Auf berechtigte Bedenken habe sich die Kommission "defensiv, ausweichend und teilweise sogar aggressiv" geäußert. Damit sei man das Risiko eingegangen, "das öffentliche Vertrauen in Gefahr zu bringen", schloss O'Reilly.
Selmayrs Beförderung hatte schon im Frühjahr heftige Kritik ausgelöst. Letztlich stand der Verdacht im Raum, Juncker habe seinem Vertrauten den Spitzenposten in einem undurchsichtigen Verfahren ohne Konkurrenten zugeschanzt. Das Europaparlament kam zu dem Schluss, die Art der Berufung "könnte als putschartige Aktion gesehen werden, die die Grenzen des Rechts dehnt oder sogar überdehnt".
Die Personalentscheidung löste viel Kritik auch an Juncker aus.
Kommission defensiv
Die EU-Kommission hatte indes stets betont, alle Regeln seien eingehalten worden. Zu O'Reillys Vorwürfen erklärte der für Personal zuständige deutsche Kommissar Günther Oettinger, man teile "nicht alle Aspekte" des Prüfberichts.
Die Bürgerbeauftragte, an die sich jeder mit Beschwerden über die EU-Institutionen wenden kann, hatte ihre Überprüfung im Mai auf zwei Eingaben hin eröffnet. Als Konsequenz aus ihrer Analyse forderte sie die Kommission auf, ein spezielles Ernennungsverfahren für das Amt des Generalsekretärs zu entwickeln, "um eine Wiederholung der Ereignisse zu vermeiden".
Dazu erklärte Oettinger jedoch, man sehe auf den ersten Blick keinen Grund für ein besonderes Berufungsverfahren. Nur gemeinsam mit anderen EU-Institutionen könne man aktuelle Vorschriften und Verfahren überdenken. Dazu habe er für den 25. September ein Gespräch am Runden Tisch einberufen.