Geplanter EU-Verteidigungsfonds "Die Zeit rennt davon"
Nicht erst seit Trump US-Präsident ist, bemüht sich die EU um mehr Eigenständigkeit in Militärfragen. Doch nun drückt Brüssel aufs Tempo: Die Union will einen Verteidigungsfonds bilden, um etwa bei der Rüstung stärker zusammenzuarbeiten.
Anfangs war es nur ein Wispern. Doch der Satz, dass Europa sein "Schicksal in die eigenen Hände nehmen" muss, ist mittlerweile auf EU-Fluren ebenso oft wie lautstark zu vernehmen. Und zwar nicht erst, seit Kanzlerin Merkel ihn nach Donald Trumps erstem Europa-Besuch so ähnlich in einem Münchner Bierzelt formulierte. Dass dieser Satz auch oder gerade für die europäische Verteidigung gelten soll, geht aus einem EU-Kommissionspapier hervor, das sich der Entwicklung des "Europäischen Verteidigungsfonds" widmet.
Das Papier liegt dem ARD-Europastudio Brüssel vor. Im Text heißt es unter anderem: "Um es mit den Bedrohungen von morgen aufnehmen und seine Bevölkerung beschützen zu können, muss Europa seine strategische Eigenständigkeit verstärken."
"Ein hohes Maß an Zersplitterung"
Selbständiger, erwachsener soll die EU nun unter anderem mithilfe dieses "Verteidigungsfonds" werden. Vorgeschlagen hatte ihn die Kommission bereits im November, nun drückt sie mit den Worten "Die Zeit rennt davon" aufs Tempo. Worum es geht, ist: Aus diesem Geldtopf gemeinsame Forschungsprojekte zu bezahlen, aber auch Rüstungsgüter gemeinsam zu entwickeln und zu erwerben. "Alle Mitgliedsstaaten investieren derzeit in dieselbe Ausrüstung, aber jeder für sich", mahnt der für Investitionen zuständige EU-Kommissar Jyrki Katainen.
25 bis 100 Milliarden Euro jährlich ließen sich einsparen, rechnet man in Brüssel vor - wenn nicht jeder Einzelstaat nur auf die eigenen Bedürfnisse schaut, ohne zu klären, ob es nicht jenseits der Landesgrenze ähnliche gibt. "Ein hohes Maß an Zersplitterung bleibt", heißt es in dem Kommissionspapier. "So gibt es 178 verschiedene Waffensysteme in Europa - verglichen mit 30 in den USA."
Rund 500 Millionen Euro ab 2019
Ein paar konkrete Projekte sind bereits ausfindig gemacht: So ist geplant, gemeinsame Drohnen oder auch eine europäische Satelliten-Überwachung zu entwickeln. Mit rund 500 Millionen Euro soll dieser Geldtopf ab dem Jahr 2019 gefüllt werden, so heißt es. Eine durchaus stolze Summe. Die Pläne für eine Vertiefung der Verteidigungsunion gebe es nun nicht erst seit Donald Trump, gibt der CDU-Verteidigungs-Experte im EU-Parlament, Michael Gahler, zu bedenken. Aber der US-Präsident habe doch das Bewusstsein in Europa wachsen lassen, dass man sich hier auf eigene Füße stellen müsse. "Das, was schon lange angedacht ist, wird nun etwas präziser und gezielter verwirklicht", sagt Gahler.
Der Verteidigungsfonds ist beileibe nicht das einzige, aber ein wichtiges Hilfsmittel, das die EU auf dem Weg zu mehr Selbständigkeit in militärischen Fragen begleiten soll. Bei der Kommission meint man: "Er wird der Motor sein, der die Entwicklung einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsunion vorantreibt."
Wie viel oder wenig Europa die EU am Ende bei der Verteidigung zulässt, kommt letztlich auf die Einzelstaaten an. Und vermutlich auch auf das Verhalten des neuen Mannes im Weißen Haus. Auch wenn das in Brüssel keiner so laut sagt.