"Notfallmaßnahme" aus Brüssel EU will Flüchtlinge umsiedeln
Zehntausende Flüchtlinge sollen einem Medienbericht zufolge umgesiedelt werden. Damit sollen Griechenland und Italien entlastet werden. Doch einige Mitgliedsstaaten sträuben sich gegen die Quote. Die EU-Kommission stellt heute ihre Pläne vor.
Von Karin Bensch, WDR-Hörfunkstudio Brüssel
Es wird gerechnet in Europa. Denn die EU-Kommission will, dass ankommende Flüchtlinge in Zukunft mit Hilfe einer Quote verteilt werden. Eingerechnet werden soll, wie viele Menschen in dem EU-Land leben, wie stark die Wirtschaft ist, wie hoch die Arbeitslosenquote und wie viele Flüchtlinge das Land schon aufgenommen hat.
"All das ist wichtig, bedarf zum Teil Rechtsänderungen, muss gemacht werden", sagt Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Er ist für die Quote. Mit ihr würde Deutschland pro Jahr voraussichtlich gut 18 Prozent der Flüchtlinge aufnehmen. Das wären weniger als bislang: Im vergangenen Jahr waren es knapp 26 Prozent.
Die EU-Kommission will zur Entlastung von Italien und Griechenland innerhalb von zwei Jahren insgesamt 40.000 Flüchtlinge auf andere EU-Staaten verteilen. Deutschland soll mit 8763 Migranten den größten Anteil aufnehmen. Das geht aus einem Vorschlag hervor, den die die EU-Kommission in Brüssel vorstellt. Darin bezieht sich die Kommission nur auf schutzbedürftige Flüchtlinge. Sie haben Anspruch auf Asyl in Europa. Die Zahl entspricht nach Angaben der EU-Behörde 40 Prozent der Asylberechtigten, die 2014 in Italien und Griechenland ankamen. Dabei handelt es sich vor allem um Menschen aus Syrien und Eritrea.
Nur ein "solidarischer Beitrag" Polens
Doch nicht alle klatschen Beifall für die Quoten-Idee der Kommission. Großbritannien will und muss nicht mitmachen, weil es bei der Asylpolitik Sonderrechte hat.
Gegen die Quote sind die baltischen Staaten. Auch Ungarn, Tschechien und Polen wollen sie nicht. Polen zum Beispiel hat im vergangenen Jahr gerade einmal 115 Syrer als Flüchtlinge anerkannt. Mit der neuen Quote würde das Land deutlich mehr zugeteilt bekommen. "Polen hat es sehr eindeutig gesagt und steht damit keineswegs allein in der EU, dass solche Quoten für uns unannehmbar wären. Aber ich denke, wir können über einen solidarischen Beitrag reden, aber eben nicht unter Zwang, sondern auf freiwilliger Basis", sagt die polnische Regierungschefin Ewa Kopacz.
In Polen finden im Herbst Parlamentswahlen statt. Mehr Flüchtlinge kämen bei vielen Wählern wohl nicht besonders gut an. Schon bei der Präsidentenwahl am Wochenende gab es mit dem Konservativen Andrzej Duda einen Rechtsruck.
Solidarität ja, Quote nein
Zwischen den Stühlen sitzt Frankreich. Sicherlich gebe es einen großen Flüchtlingsdruck, sagte der französische Außenminister Laurent Fabius zurückhaltend. Es gebe auch eine humanitäre Verpflichtung, Solidarität sei wichtig, all das müsse organisiert werden.
Dennoch: Die französische Regierung befürchtet ein Erstarken der rechten Kräfte im Land. Deshalb ist Premierminister Manuel Valls gegen die Quote. Spanien und Portugal dagegen wollen, dass die Arbeitslosigkeit stärker gewichtet wird.
Die Quote spaltet Europa. Damit sie dennoch kommt, wäre es denkbar, dass nicht alle "ja" sagen müssen, sondern nur zwei Drittel, also 18 von 28 EU-Ländern. Dann allerdings hätte die Quote die Konsistenz eines Wackelpuddings.