EU-Kommission zur Flüchtlingspolitik Solidarität ja, Zwang nein
Viel ist in den EU-Staaten von Solidarität die Rede, wenn es um die gerechte Verteilung von Flüchtlingen geht. Doch gegen die Quote, die die EU-Kommission heute vorstellen will, sträuben sich viele Regierungen. Sie befürchten ein Erstarken rechter Kräfte.
Von Karin Bensch, WDR-Hörfunkstudio Brüssel
Es wird gerechnet in Europa. Denn die EU-Kommission will, dass ankommende Flüchtlinge in Zukunft mit Hilfe einer Quote verteilt werden. Eingerechnet werden soll, wie viele Menschen in dem EU-Land leben, wie stark die Wirtschaft ist, wie hoch die Arbeitslosenquote und wie viele Flüchtlinge das Land schon aufgenommen hat.
"All das ist wichtig, bedarf zum Teil Rechtsänderungen, muss gemacht werden", sagt Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Er ist für die Quote. Mit ihr würde Deutschland pro Jahr voraussichtlich gut 18 Prozent der Flüchtlinge aufnehmen. Das wären weniger als bislang: Im vergangenen Jahr waren es knapp 26 Prozent.
Nur ein "solidarischer Beitrag" Polens
Doch nicht alle klatschen Beifall für die Quoten-Idee der Kommission. Großbritannien will und muss nicht mitmachen, weil es bei der Asylpolitik Sonderrechte hat.
Gegen die Quote sind die baltischen Staaten. Auch Ungarn, Tschechien und Polen wollen sie nicht. Polen zum Beispiel hat im vergangenen Jahr gerade einmal 115 Syrer als Flüchtlinge anerkannt. Mit der neuen Quote würde das Land deutlich mehr zugeteilt bekommen. "Polen hat es sehr eindeutig gesagt und steht damit keineswegs allein in der EU, dass solche Quoten für uns unannehmbar wären. Aber ich denke, wir können über einen solidarischen Beitrag reden, aber eben nicht unter Zwang, sondern auf freiwilliger Basis", sagt die polnische Regierungschefin Ewa Kopacz.
In Polen finden im Herbst Parlamentswahlen statt. Mehr Flüchtlinge kämen bei vielen Wählern wohl nicht besonders gut an. Schon bei der Präsidentenwahl am Wochenende gab es mit dem Konservativen Andrzej Duda einen Rechtsruck.
Solidarität ja, Quote nein
Zwischen den Stühlen sitzt Frankreich. Sicherlich gebe es einen großen Flüchtlingsdruck, sagte der französische Außenminister Laurent Fabius zurückhaltend. Es gebe auch eine humanitäre Verpflichtung, Solidarität sei wichtig, all das müsse organisiert werden.
Dennoch: Die französische Regierung befürchtet ein Erstarken der rechten Kräfte im Land. Deshalb ist Premierminister Manuel Valls gegen die Quote. Spanien und Portugal dagegen wollen, dass die Arbeitslosigkeit stärker gewichtet wird.
Die Quote spaltet Europa. Damit sie dennoch kommt, wäre es denkbar, dass nicht alle "ja" sagen müssen, sondern nur zwei Drittel, also 18 von 28 EU-Ländern. Dann allerdings hätte die Quote die Konsistenz eines Wackelpuddings.