Anhörung der EU-Kommissare Umbauten im Team von der Leyen
Es hatte sich abgezeichnet: Im Team der künftigen EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen wird es wegen möglicher Interessenskonflikte Wechsel geben. Ungarn hat schon einen Ersatzkandidaten, Rumänien sucht noch.
Es holpert zwar bei der Besetzung der neuen EU-Kommission. Aber es scheint so, als ließen sich die Personalsorgen Ursula von der Leyens womöglich schneller lösen als gedacht. Nach dem vorzeitigen Aus für den umstrittenen Kommissarsanwärter aus Ungarn, Laszlo Trocsanyi, hat die Regierung in Budapest bereits einen Alternativkandidaten vorgestellt. Sie nominierte EU-Botschafter Oliver Varhelyi, wie von der Leyens Sprecher bestätigte.
Der 47-jährige gelernte Jurist gilt als ausgewiesener Brüssel-Insider und ist derzeit EU-Botschafter seines Landes. Ein EU-Vertreter wird mit den Worten zitiert, der erste Eindruck sei positiv, da er nicht nur als Ständiger Vertreter Ungarns in Brüssel gearbeitet habe, sondern auch schon direkt bei der EU-Kommission.
Der Rechtsausschuss im EU-Parlament lehnte die rumänische Bewerberin Rovana Plumb zweimal wegen Interessenskonflikten ab.
Rumänien zieht Kandidatin zurück
Der Rechtsausschuss des EU-Parlaments hatte den ursprünglichen Bewerber Ungarns für den Posten des Erweiterungskommissars zuvor als "ungeeignet" abgelehnt. Er wurde nicht einmal mehr für die offizielle Anhörung im jeweiligen Fachausschuss zugelassen. Bei Trocsanyi sorgte eine mögliche Verquickung seiner Tätigkeiten als Rechtsanwalt und Justizminister für Bedenken.
Auch seiner rumänischen Schicksalsgenossin, Rovana Plumb, hatte das Gremium wiederholt gravierende Interessenskonflikte und Unklarheiten finanzieller Art bescheinigt. Als Reaktion zog die rumänische Regierung ihre umstrittene Kandidatin inzwischen zurück. Es werde einen neuen Personalvorschlag geben, kündigte Premierministerin Viorica Dancila an.
Der SPD-Abgeordnete Tiemo Wölken verteidigte das Vorgehen des Rechtsausschusses des Europaparlaments: "Ich bedauere, dass wir diese Entscheidung überhaupt treffen mussten und Frau von der Leyen diese Kandidaten nicht von vornherein abgelehnt hat." Diese mangelnde Durchsetzungsfähigkeit gegenüber den EU-Staaten lasse eine schwache EU-Kommission befürchten. Der Grünen-Politiker Sergey Lagodinsky sagte: "Wir finden, dass die EU eine Kommission ohne Interessenskonflikte verdient. Dieser Verantwortung sind wir heute gerecht geworden."
Trocsanyi nannte die Entscheidung in einer Erklärung auf Twitter hingegen eine "schreiende Ungerechtigkeit" sowie einen klaren Verstoß gegen das Recht und grundsätzliche Prinzipien der Demokratie. Wenn die Rechte eines Anwalts verletzt würden, habe er keine andere Wahl, als vor dem zuständigen Gericht zu klagen, schrieb der ehemalige ungarische Justizminister weiter.
Kommen offensichtlich gut miteinander aus: Die designierte EU-Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Donald Tusk.
Starttermin könnte noch zu halten sein
Bevor die neue Kommission ihr Amt antreten kann, müssen sich alle 26 Kandidaten für die Kommission jeweils dreistündigen Anhörungen in den zuständigen Parlamentsausschüssen stellen. Bis zum 8. Oktober sind fast täglich mehrere Anhörungen vorgesehen. Auch im Verlauf dieser Prüfung können noch Kandidaten ausgetauscht werden.
Sollte es aus Bukarest bald eine brauchbare Ersatznominierung geben, stehen die Chancen allerdings gut, dass der Terminplan für die neue EU-Kommission nicht allzu sehr durcheinander gerät. Nach bisheriger Planung sollten die Befragungen der künftigen Kommissare kommenden Dienstag abgeschlossen sein. Die entscheidende Vertrauensabstimmung im EU-Parlament ist für 23. Oktober vorgesehen, der Amtsantritt für "Team Von der Leyen" am 1. November.
Mit Informationen von Holger Romann, ARD-Studio Brüssel