Treffen der EU-Umweltminister Mehrheit gegen deutsche CO2-Vorgaben
Wie viel CO2 darf ein Neuwagen künftig ausstoßen? Die EU-Umweltminister ringen um eine gemeinsame Position. Die Mehrheit lehnt die deutschen Pläne ab. Sogar Bundesumweltministerin Schulze bedauert sie.
Im Streit über neue Klimaschutzvorgaben für Autos haben andere EU-Staaten den Druck auf Deutschland erhöht, strenge Kohlendioxid-Grenzwerte für 2030 zu akzeptieren. Rund 20 der 28 Mitgliedstaaten forderten Vorgaben für neue Pkw und Lieferwagen, die über eine Reduktion des CO2-Ausstoßes um 30 Prozent bis 2030 hinausgehen. Selbst Länder mit einer wichtigen Autoindustrie wie Frankreich, Spanien oder Italien plädierten für einen schnellen Umstieg auf weniger schädliche Fahrzeuge.
Schulze bedauert deutsche Position
Bundesumweltministerin Svenja Schulze nannte 30 Prozent als die von der Bundesregierung vereinbarte Höchstgrenze. 30 Prozent Verringerung entspricht dem Vorschlag der EU-Kommission. Das Europaparlament verlangt 40 Prozent. Österreich als derzeitiger EU-Ratsvorsitz schlug als Kompromiss 35 Prozent vor. Irland forderte sogar eine Verringerung um 50 Prozent.
Trotz der weit auseinander liegenden Positionen gab sich Schulze optimistisch, dass es bis zum Abend eine Einigung geben werde. Sie räumte ein, dass sie persönlich eine 30-Prozent-Reduktion aus umwelt- und industriepolitischen Gründen für nicht ausreichend hält - insbesondere nach der Vorstellung des Berichts des Weltklimarates IPCC am Vortag. "Ich hätte mir gewünscht, dass wir hier mehr machen", sagte die SPD-Politikerin. Dennoch vertrete sie wie vereinbart die Position der Bundesregierung.
Umweltministerin Svenja Schulze beim Treffen in Luxemburg mit dem italienischen Umweltminister Sergio Costa.
Der luxemburgische Staatssekretär Claude Turmes griff Deutschland frontal an: Merkel fahre zugunsten der deutschen Autobauer "den Klimaschutz an die Wand", sagte der ehemalige Grünen-Europaabgeordnete.
Die spanische Umweltministerin Teresa Ribera erklärte, ehrgeizigere Ziele seien besser, aber es sei unbedingt notwendig, eine Einigung zu finden. "Wir wollen die Gegensätze nicht verstärken", warnte auch ihr französischer Amtskollege François de Rugy.
Scharfer Widerstand gegen ehrgeizigere Ziele und Unterstützung für Deutschland kam dagegen aus Ungarn und Bulgarien. Die Vertreter beider Länder bezeichneten den Kommissionsvorschlag am Dienstag als "äußerst ehrgeizig" und warnten vor Folgen für die Industrie.
Jobverluste bei Umstieg auf neue Antriebe?
Die Entscheidung ist für die Autoindustrie von großer Bedeutung. Denn es geht um Durchschnittswerte der Flotte eines Herstellers: Je strenger die Vorgaben, desto größer die Notwendigkeit, viele Fahrzeuge ohne Emissionen zu verkaufen - also zum Beispiel reine Elektroautos -, um den Ausstoß von Benzinern oder Dieseln damit auszugleichen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte darauf gedrungen, die deutsche Autoindustrie nicht zu stark zu belasten. Die Regierung fürchtet Jobverluste, falls der Umstieg auf neue Antriebe zu schnell vollzogen wird.
Abstimmung im Europaparlament steht aus
Selbst wenn ein Kompromiss unter den EU-Ländern gelingt, wartet noch eine weitere Hürde: Dann muss eine Einigung mit dem Europaparlament ausgehandelt werden. Die Minister wollen in Luxemburg auch die EU-Verhandlungsposition für die nächste Weltklimakonferenz in Polen im Dezember festzurren - ebenfalls ein sehr umstrittenes Thema.