Fall vor dem EuGH Sind Scharia-Scheidungen gültig?
Kann eine Ehe auch in Deutschland nach dem islamischen Scharia-Recht gelöst werden? Mit dieser Frage beschäftigt sich derzeit der EuGH. Der Generalanwalt kommt bereits jetzt zu einem eindeutigen Schluss: Eine solche Scheidung ist nicht rechtskräftig.
Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH) ist in seiner Haltung sehr klar: Wird eine Ehe durch ein Scharia-Gericht geschieden, dann ist die Trennung damit in Deutschland noch lange nicht rechtskräftig.
Konkret geht es um ein Paar, das sowohl die syrische als auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Im Jahr 2013 entschied der Mann, dass er sich scheiden lassen will. Vor einem geistlichen Gericht in Syrien wurde die Ehe gelöst. Vor islamischen Scharia-Gerichten ist dieser Vorgang meist recht einfach: Der Ehemann muss lediglich die Scheidungsformel aufsagen und damit ist die Trennung vollzogen.
Die islamische Rechts- und Lebensordnung Scharia beruht auf dem Koran und Überlieferungen über die Lebenspraxis des Propheten Mohammed. Dadurch ist sie kein eindeutiges festgeschriebenes Werk, sondern es gelten vielmehr unterschiedliche Auslegungen, die auf verschiedene sunnitische und schiitische Rechtsschulen zurückzuführen sind. Im Westen wird die Scharia vor allem mit drakonischen körperlichen Strafen wie Auspeitschung oder Steinigung assoziiert.
Neben Rechtsfragen regelt die Scharia auch gesellschaftliche Verhaltensweisen und die Glaubenspraxis. Ursprünglich meint der arabische Begriff den Pfad in der Wüste, der zur Wasserquelle führt.
Münchner Gericht erkannte Scharia-Scheidung an
Das Oberlandesgericht München hatte die Scheidung zunächst anerkannt. Es verwies dabei auf eine EU-Verordnung, die den Juristen zufolge vorsieht, dass hier das syrische Recht zur Anwendung kommen müsse.
Der Gutachter am EuGH jedoch sieht das anders: Er verweist darauf, dass sogenannte private Scheidungen keineswegs von der EU-Verordnung abgedeckt seien. Im konkreten Fall sei die Ehescheidung "durch die einseitige Erklärung des Ehegatten" erfolgt und lediglich von einem geistlichen Gericht eingetragen worden.
Nur der Ehemann wird begünstigt
Mindestens ebenso entscheidend ist die Feststellung des Generalanwalts, dass ausländisches Recht in Deutschland oder anderen EU-Staaten keineswegs übernommen werden müsse, wenn dies diskriminierend sei. Im vorliegenden Fall wird nach Ansicht des Gutachters nur der Ehemann durch das syrische Recht begünstigt.
Der EuGH schließt sich in den meisten Fällen der Ansicht seines Gutachters an. Ein Urteil allerdings steht noch aus.