EU-Verhandlungen mit Großbritannien "Eher rückwärts als vorwärts"
Auch nach der siebten Verhandlungsrunde über ihre künftigen Beziehungen können die EU und Großbritannien keinen Erfolg vermelden. Beide Seiten geben sich gegenseitig die Schuld.
Einen Durchbruch hatte niemand erwartet. Aber auch wer nur auf Bewegung in den Gesprächen gehofft habe, werde enttäuscht. Das sagte EU-Chefunterhändler Michel Barnier nach der siebten Verhandlungsrunde mit Großbritannien über die Beziehungen nach dem Brexit. Auch er selbst sei enttäuscht und besorgt.
Dass in den Verhandlungen nichts vorangeht, dafür gab Barnier der anderen Seite die Schuld. "Die britischen Unterhändler haben wieder keinerlei Willen gezeigt, bei den für die EU entscheidenden Punkten voranzukommen."
Den Chefunterhändlern Frost und Barnier läuft die Zeit davon - darin sind sie sich einig.
Knackpunkte Fischerei, Soziales, Umwelt
Und das sind die für Brüssel wichtigsten Bereiche: Fischer aus der EU müssen weiter in britischen Gewässern fischen dürfen. Es sollen auf der Insel die gleichen Sozial- und Umweltstandards gelten wie auf dem Kontinent. Außerdem geht es um einheitliche Regeln zur Wirtschaftsförderung, um faire Wettbewerbsbedingungen zu garantieren.
"Das klingt technokratisch", erläuterte Barnier. "Aber dabei handelt es sich um den Schutz Tausender Beschäftigter in unseren Mitgliedsstaaten, es geht um die Rechte von Arbeitnehmern, es geht um Gesundheitsschutz und die Bewahrung unserer Umwelt."
Frost: EU erschwert Verhandlungen
Dass die EU eine Einigung in diesem Bereich voraussetze, bevor über andere Fragen gesprochen wird, das mache die Verhandlungen unnötig schwierig, meint der britische Chefunterhändler David Frost in einer schriftlichen Erklärung. Er beschreibt die siebte Verhandlungsrunde als eine Woche voller nützlicher Diskussionen mit wenig Fortschritten.
Sein Gegenüber Barnier hatte oft den Eindruck, es gehe eher rückwärts als vorwärts. Damit eine Vereinbarung Anfang kommenden Jahres in Kraft treten kann, muss sie nach Barniers Worten bis Ende Oktober ausverhandelt sein. Danach müsse der Text juristisch geprüft und von den Parlamenten gebilligt werden. Also nur noch zwei Monate Zeit: "Derzeit ist eine Vereinbarung zwischen der EU und Großbritannien unwahrscheinlich. Ich verstehe einfach nicht, warum wir wertvolle Zeit verlieren."
Die Zeit wird knapp
Seit Monaten beraten Fachleute beider Seiten in Arbeitsgruppen über das künftige Verhältnis. Großbritannien war Ende Januar aus der EU ausgetreten. In der Übergangsphase bis Jahresende bleibt das Land im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. Ohne neue Regelung sind danach nur noch Handelsbeziehungen wie mit Drittländern möglich. Aber die Zeit, um ein Handelsabkommen zu vereinbaren, wird denkbar knapp - darin immerhin sind sich beide Seiten einig.