EU-Gipfel in Rumänien Einigkeit zeigen, uneins sein
Im rumänischen Sibiu hat der EU-Gipfel begonnen. Noch-Mitglied Großbritannien ist nicht eingeladen. Es soll ein symbolträchtiges Treffen sein. Die Realität aber sieht anders aus.
Eigentlich sollte es so etwas werden wie ein Neuanfang. Ein Aufbruch in eine neue Zeit - als Zeichen, dass es die Europäische Union auch ohne Großbritannien schafft. Vielleicht sogar besser. Aber die Briten sind noch drin in der EU, und ob sie wirklich gehen, ist ungewisser denn je. Trotzdem: in Sibiu in Rumänien sind sie nicht dabei. Es ist ein Gipfel der 27 Übrigen.
Dennoch dient das Treffen in erster Linie der Symbolik. Es soll, kurz vor der Europawahl, die Einheit und die Stärke der EU zeigen - in Zeiten, in denen die Welt ins Wanken geraten ist und alte Bündnisse sich auflösen. Da habe Europa sich gut gehalten, sagte EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker vor dem Gipfel: Das Europa von heute sei stärker, "das liegt auch am stärkeren Zusammenhalt".
Die Illusion von Stärke
Auf der einen Seite also der Anspruch, Stärke zu zeigen und zusammenzuhalten, auf der anderen Seite allerdings eine Wirklichkeit, die diesen Anspruch im Moment kaum noch einlöst. Und da geht es nicht nur um den immer noch ungelösten Brexit. Es geht auch um die Frage, an welche Regeln sich EU-Mitglieder halten müssen, vor allem beim Thema Rechtsstaatlichkeit. Die Schwierigkeiten, die es da in Ungarn, in Polen oder in Rumänien gibt, nennen in Brüssel viele eine Zerreißprobe für die EU.
Es geht um den neuen Nationalismus in vielen Ländern, um die Sorge vor den Populisten, die das europäische Projekt am liebsten beerdigen wollen, und es geht um widerstreitende Interessen etwa bei der Frage nach einer Digitalsteuer, einem gemeinsamen Budget für die Euro-Staaten oder einer neuen europäischen Industriepolitik, um China etwas entgegen zu setzen.
Bei all diesen Dingen ist man sich in der EU nicht einig - woraus Angela Merkel vor ein paar Monaten im Europaparlament den Schluss zog, man "müsse in Europa zusammenhalten".
Viele Klimafragen
Es geht in Sibiu deshalb auch in doppelter Hinsicht um das Klima: Das Klima zwischen den 27 Mitgliedsstaaten - vor allem auch das zwischen Deutschland und Frankreich, die sich bei großen Fragen oft auch nicht mehr wirklich einig sind.
Und: es geht auch um den tatsächlichen Klimaschutz. Vor dem heutigen Gipfel diskutierten am Abend 300 Jugendliche mit dem rumänischen Staatspräsidenten Johannis und mit. Ein Jugendlicher fragte diesen, ob er meine, die Welt sei zu einem besseren Ort geworden in den vergangenen Jahrzehnten. Und Juncker antwortete mit einem klaren "Ja." Weil die EU ihr Ziel erreicht habe, dass es keinen Krieg mehr in Europa gebe. Allerdings: Beim Klimaschutz gebe es noch große Defizite.
Man ist sich nicht einig
Frankreich hatte kurz vor dem Gipfel noch einen Appell für sofortigen und verstärkten Klimaschutz in Europa auf den Weg gebracht, den aber nur acht EU-Mitglieder unterzeichnet haben. Alle anderen, auch Deutschland, nicht. Man ist sich nicht einig, da hilft auch alle Symbolik von Sibiu nicht, der Stadt mit der kleinen deutschsprachigen Minderheit, der Angela Merkel heute noch einen Extra-Besuch abstattet.
Kaum Zeit für Treffen
Diese Stadt symbolisiert unsere Einheit und unsere Unterschiedlichkeit - auch in seinen Sprachen, und zeigt, dass Europa nicht nur aus seinen Hauptstädten und aus Brüssel besteht - sondern auch aus den kleineren Städten und aus den Regionen. Und das gibt uns die Möglichkeit zu zeigen, wie wir unsere Einigkeit und Gemeinsamkeit in Zukunft erreichen können.
So sieht es Jean-Claude Juncker. Dennoch nehmen sich die 27 Staat- und Regierungschefs nicht wirklich viel Zeit für ihr Treffen dort. Sie kommen am Mittag - und schon am Abend wollen sie wieder abreisen. Immerhin mit einer gemeinsamen Abschlusserklärung zur Zukunft Europas. So haben sie es jedenfalls vor.