Rumäniens EU-Ratsvorsitz Wider die Zweifel
In Bukarest ist man bemüht, die Zweifel an der Fähigkeit der rumänischen EU-Ratspräsidentschaft auszuräumen. Doch leicht dürfte das nicht werden, wie neue Äußerungen zeigen.
Staatspräsident Klaus Johannis hat an alle politischen Kräfte im Lande appelliert, in den kommenden sechs Monaten zu zeigen, dass Rumänien in der Lage sei, den Herausforderungen der Ratspräsidentschaft gerecht zu werden. In seiner Neujahrsansprache betonte Johannis: "2019 ist das Jahr, in dem unser Land zum ersten Mal den Vorsitz des EU-Rates einnimmt. Wir sollten diese Chance nutzen und dabei beweisen, dass Rumänien ernsthaft an der Konsolidierung des europäischen Projekts beteiligt ist."
Staatspräsident Johannis, der der bürgerlichen Opposition nahesteht, wirft der sozialliberalen Regierung vor, die von dem vorbestraften Parteichef der Sozialdemokraten Liviu Dragnea dominiert wird, die Justiz zugunsten korruptionsverdächtiger Politiker zu schwächen. Nun wandte sich Johannis deutlich gegen den Abbau der Rechtsstaatlichkeit im Lande: "Lasst uns gemeinsam das nächste Jahrhundert des Bestehens Rumäniens erbauen, mit Mut, mit bürgerlichem Engagement und mit einem entschiedenen Festhalten an den Werten der Rechtsstaatlichkeit."
Wer vertritt Rumänien bei Gipfeltreffen?
Der Staatspräsident stellte zugleich klar, dass er Rumänien im Kreis der EU-Staats- und Regierungschefs vertreten werde. Diesen Anspruch meldete auch Ministerpräsidentin Viorica Dancila an: Sie wolle Rumänien persönlich bei den EU-Gipfeltreffen vertreten, betonte die Regierungschefin am Sonntag. Diese Funktion obliegt allerdings dem Staatspräsidenten, wie das rumänische Verfassungsgericht im Jahr 2012 entschieden hatte.
Ministerpräsidentin Dancila mit EU-Kommissionschef Juncker in Brüssel.
In einer Videobotschaft betonte die Ministerpräsidentin: "Ich bin ein Mensch des Dialogs und des Konsenses. Ich vertraue darauf, dass wir zusammen unsere Kräfte vereinen und konstruktiv zu einem erfolgreichen Mandat Rumäniens beitragen werden."
Dancila ging auch auf die Kritik von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ein, der am vergangenen Wochenende erhebliche Zweifel an der Fähigkeit der rumänischen Regierung zur Übernahme des Ratsvorsitzes geäußert hatte: "Ich versichere Ihnen, dass wir vorbereitet sind um ein erfolgreiches Mandat zu haben, damit Rumänien sich erhebt und seinen Platz und seine Bedeutung in Europa und der Welt wiedergewinnt."
Präsident gegen Regierung
Eine Zusammenarbeit zwischen Präsident und Regierung ist aber kaum zu erwarten - trotz der aktuellen Ankündigungen. Vor allem im Streit um eine Justizreform der Regierung jagt ein Eklat den nächsten. So forderte kurz vor dem Jahreswechsel der sozialdemokratische Parteichef und Parlamentspräsident Dragnea den Justizminister auf, die Änderungen am Strafgesetz möglichst schnell in Kraft treten zu lassen. Der Justizminister müsse in "angemessener Zeit" der Ministerpräsidentin die Gesetzesänderungen vorstellen, damit diese per Eilverordnung verabschiedet werden könnten.
Mit diesen Eilverordnungen, die ursprünglich schon im November in Kraft treten sollten, werden viele derjenigen Bereiche des Justizsystems rückgängig gemacht, die Rumänien für den Beitritt zur EU 2007 eingeführt hatte. Die österreichische Tageszeitung "Der Standard" spricht daher von "einer Art Konterrevolution": Es würden die tiefgreifenden Reformen, vor allem beim Kampf gegen die Korruption, seit dem Wahlerfolg der Sozialdemokraten im Winter 2016 Schritt für Schritt zurückgenommen.