Abkommen unterzeichnet EU und Ukraine rücken zusammen
Was Russland zu verhindern versuchte, wird nun umgesetzt: Die EU und die Ukraine haben ein Kooperations-Abkommen unterzeichnet. Es zielt vor allem auf eine engere politische Zusammenarbeit ab. Ein Handelsabkommen soll später unterzeichnet werden.
In der Krim-Krise rückt die Ukraine näher an Europa heran. Europas Staats- und Regierungschefs und der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk unterzeichneten in Brüssel ein Abkommen zur engeren politischen Kooperation. Es handelt sich um einen Teil des umfassenden Partnerschaftsabkommens, das der vorige ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch im November unter russischem Druck auf Eis gelegt hatte.
Im sogenannten politischen Teil des Abkommens verpflichtet sich die Ukraine unter anderem zur Respektierung der Menschenrechte, der freien Marktwirtschaft und zur engen Kooperation mit Europa. Der Handelsteil des Abkommens soll später unterschrieben werden.
Die EU hatte Russland im Februar zugesichert, vor der Schaffung einer Freihandelszone mit Moskau zu sprechen. Allerdings will die EU schon im Juni einseitig auf fast alle Zölle für ukrainische Waren verzichten. Dies soll die Ukraine nach Angaben der EU-Kommission um knapp 500 Millionen Euro pro Jahr entlasten.
Abkommen von "existenzieller" Bedeutung
Jazenjuk sagte anschließend, das Abkommen entspreche "den Erwartungen von Millionen Ukrainern, die Teil der EU sein wollen". Die damit verbundene Zusammenarbeit in Sicherheits- und Verteidigungsfragen sei von "höchster existenzieller" Bedeutung.
Die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite sprach von einem symbolischem Schritt, mit dem die EU ihre Unterstützung für das ukrainische Volk und seine Regierung demonstriere. "Die Europäische Union steht an der Seite der neuen Ukraine", bekräftigte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy bei der Unterzeichnungszeremonie.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow widersprach der Darstellung Jazenjuks. Die Regierung wahre mit dem Abkommen nicht die Interessen des ukrainischen Volks. Die "Machthaber" hätten die Unterzeichnung des Abkommens ohne Unterstützung des gesamten Landes verkündet. Nötig sei aber ein nationaler Konsens. Bei dem Abkommen handele es sich um einen Versuch, "im geopolitischen Spiel zu punkten".
Russisches Gas wird teurer
Zugleich strich Russland der Ukraine einen weiteren Nachlass auf den Preis für Erdgas. Grundlage des seit 2010 gewährten Rabatts von 100 Dollar je 1000 Kubikmeter sei die Nutzung eines Marinestützpunkts auf der ukrainischen Halbinsel Krim gewesen; nach dem Referendum vom Sonntag sei die russische Schwarzmeerflotte de jure aber nicht mehr in der Ukraine, sondern in Russland stationiert, sagte ein Sprecher von Präsident Wladimir Putin.
Moskau hatte der Ukraine bereits Anfang März einen Rabatt gestrichen. 30 Prozent Nachlass hatte das Land im Dezember bekommen, nachdem Janukowitsch sich geweigert hatte, das Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union zu unterzeichnen. Der staatlich kontrollierte Energiekonzern Gazprom kündigte dann aber an, dass dieser Rabatt ab April wegfalle.
Jazenjuk forderte in Brüssel Energielieferungen aus der EU. Es sei dringend für die Ukraine, dass Energie "in umgekehrter Richtung" fließe, da Russland seine Verträge verletze und den Gaspreis verdoppele. Die Milliardenforderungen Russlands an die Ukraine bezeichnete er als eine Strafe für den "proeuropäischen Weg" des Landes.
Auch russisches Oberhaus für Krim-Aufnahme
Putin unterzeichnete in Moskau die Gesetze zur Aufnahme der Schwarzmeer-Halbinsel und der Stadt Sewastopol in die Russische Föderation. Damit ist der Beitritt der von der Ukraine abtrünnigen Krim-Gebiete aus russischer Sicht formal endgültig abgeschlossen.
Zugleich erklärte der russische Außenminister Segej Lawror, Russland halte eine Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der Ukraine für möglich. Eine solche Mission könne aufklären, wie rechtsextreme ukrainische Nationalisten gegen die russischsprachige Bevölkerung vorgingen. Eine Mission auf der Krim schloss Lawrow aber aus. Der Westen hatte Russland vorgeworfen, eine OSZE-Mission zu verhindern.
Ferner will Russland nach den Worten von Präsident Wladimir Putin keine weiteren Sanktionen gegen die USA verhängen. Beide Staaten hatten sich gestern im Streit um die Annexion der Krim mit Strafmaßnahmen belegt.
Ob die Erklärung Putins auch für die EU gilt, ist noch unklar. Vize-Außenminister Grigori Karassin hatte zuvor in einer Rede im Föderationsrat weitere Sanktionen angedroht. Wenn Moskau die Strafmaßnahmen der USA und der EU unbeantwortet lasse, dann drohe der "Appetit" nur größer zu werden und sich auf einzelne Industrie- und Wirtschaftszweige zu beziehen, sagte er.
Wen treffen die neuen EU-Sanktionen?
Der Gipfel in Brüssel hatte am Abend nach intensiver Beratung weitere Einreiseverbote und Kontensperrungen verhängt. Welche Personen sie betreffen. wollen die Staats- und Rgeierungschefs im Laufe des Tages bekanntgeben.
Offenbar wurde die bestehende Liste um zwölf Personen erweitert - bisher betrafen die Strafmaßnahmen 21 Menschen aus Russland und der Krim. Frankreichs Präsident François Hollande erklärte, es gehe es um Russen und Ukrainer, die geholfen hätten, die Krim zu annektieren.
Zudem diskutierten die Gipfelteilnehmer über weitere Schritte. Bundeskanzlerin Angela Merkel deutete an, dass bei einer weiteren Eskalation der Lage durch Russland Wirtschaftssanktionen beschlossen werden könnten. Man wolle die Kommission bitten zu prüfen, ob weitere Maßnahmen "der Stufe drei" getroffen werden könnten, sagte sie.
Die Bundesregierung kündigte an, alle für diesen und den kommenden Monat geplanten gemeinsamen militärischen Kooperationen mit Russland würden ausgesetzt. Alle weiteren geplanten gemeinsamen militärischen Vorhaben stünden unter Vorbehalt, hieß es in einer Erklärung des Verteidigungsministeriums. Das Wirtschaftsministerium teilte mit, es würden derzeit keine Rüstungs-Exporte nach Russland genehmigt.