Flüchtlingspolitik "Die Balkanroute ist ab jetzt geschlossen"
Heute wollen die Staats- und Regierungschefs der EU beim Sondergipfel mit der Türkei ihre Handlungsfähigkeit beweisen. Die wichtigste Botschaft: Keine illegalen Flüchtlinge mehr über die Balkanroute. In der bereits vorbereiteten Abschlusserklärung fallen klare Worte.
Diesmal soll es anders laufen, als das, was der österreichische Außenminister Sebastian Kurz nach eigenen Angaben so oft erlebt hat. "Ich war im letzten Jahr bei unzähligen EU-Sitzungen dabei. Es ist entweder nichts rausgekommen, oder es ist nachher nicht umgesetzt worden", sagt er.
Statt Dauerstreit und leeren Versprechungen wollen die Staats- und Regierungschefs heute Handlungsfähigkeit beweisen. Geplant seien glasklare Ansagen, heißt es aus Diplomaten-Kreisen. Die wichtigste Botschaft lautet demnach: Keine illegalen Flüchtlinge mehr über die Westbalkanroute. In der bereits vorbereiteten Abschlusserklärung für den Gipfel heißt es wörtlich: "Der irreguläre Strom der Migranten entlang der Balkanroute geht zu Ende. Diese Route ist ab jetzt geschlossen."
Grenzsicherung soll ab sofort Priorität haben
Um den Plan zu verwirklichen, setzt die EU auf das, was auch die Bundesregierung stets als die beste Lösung zur Bewältigung der Flüchtlingskrise anpreist. "Eine Lösung mit der Türkei, die die Außengrenzen sichert, die dafür sorgt, dass von den Außengrenzen in die Europäische Union verteilt wird", sagte Bundesjustizminister Heiko Maas gestern Abend in der ARD.
Ministerpräsident Davutoglu soll den Staats-und Regierungschefs beim Mittagessen also glaubhaft zusichern, dass die Grenzsicherung ab sofort oberste Priorität bekommt. Zudem erwartet man von dem Land, dass es Flüchtlinge aus Griechenland zurücknimmt, vor allem Menschen, die aus wirtschaftlichen Gründen geflohen sind und deshalb auch in der Türkei keinen dauerhaften Aufenthalt erwarten dürfen.
Wenig Raum für Kritik
Die Chancen für eine Einigung stehen gut, schließlich ist bereits seit Tagen, unter anderem von der Kanzlerin im Gespräch mit Davutoglu, Überzeugungsarbeit geleistet worden. Weniger Raum dürfte dagegen wohl der Tadel Europas mit Blick auf den jüngsten Angriff auf die Medien- und Pressefreiheit in der Türkei bekommen. Dabei ist die Erstürmung und anschließende Staatsaufsicht der Tageszeitung "Zaman" sehr wohl schockiert zur Kenntnis genommen worden.
Doch Europa plagen eben andere Sorgen: "Wir müssen den Griechen helfen, wir können sie in dieser Situation so nicht alleine lassen", sagte der Bundesjustizminister gestern Abend. Mit 700 Millionen Euro soll das Land deshalb unterstützt werden. Humanitäre Hilfe für die Flüchtlinge dort, und logistische Hilfe für die Griechen. Auch damit sind alle Mitgliedsstaaten einverstanden.
Kurz verteidigt die Politik der Obergrenzen
Allerdings äußert nicht jeder gleich viel Verständnis, weder für die griechische Regierung noch für die Not der Flüchtlinge an der mazedonisch-griechischen Grenze. "Uns geht’s darum, dass jemand, der auf der Suche nach Schutz ist, diesen auch in Griechenland vorfindet. Und in Griechenland sind derzeit nicht einmal ein Drittel so viele Flüchtlinge, wie wir in Österreich unterbringen", sagte der österreichische Außenminister Kurz, der die Schließung der mazedonischen Grenze und die eigene Politik der Flüchtlingsobergrenzen erneut verteidigte.
Griechenland soll einem Plan der EU-Kommission zufolge nun bis Mitte Mai Zeit bekommen, um seine Außengrenzen zu sichern, dies mit Hilfe einer ganzen Reihe von neuen Gehilfen, angefangen von der Grenzschutzagentur Frontex über die NATO bis hin zur türkischen Marine. Erst wenn das nicht funktionieren sollte, könnten die EU-Staaten doch noch das Recht bekommen, das Schengensystem also die Reisefreiheit dauerhaft außer Kraft zu setzen. Doch das, so hofft man jedenfalls, könnte mit dem heutigen Gipfel verhindert werden.