Brexit-Streit Mays schwierige Mission in Brüssel
Die britische Premierministerin will neu über den Brexit-Vertrag verhandeln. Darüber spricht May heute mit EU-Politikern. Doch die winken ab. Lediglich Klarstellungen können sie sich vorstellen.
Im Streit um den Brexit-Vertrag bemüht sich die britische Premierministerin Theresa May um weitere Zugeständnisse der EU. Durch Änderungen am Abkommen versucht sie, eine Mehrheit im britischen Parlament für den Vertrag zu bekommen. Nach dem überstandenen Misstrauensvotum in ihrer Partei spricht May heute in Brüssel mit Spitzenpolitikern der EU. Die Chancen für Neuverhandlungen stehen allerdings schlecht. Im Gespräch sind lediglich Klarstellungen.
EU lässt nicht neu mit sich verhandeln
Vor dem EU-Gipfel, der am Nachmittag beginnt, hatten bereits zahlreiche Politiker Vertragsänderungen abgelehnt. "Es gibt keine Grundlage dafür, dieses Abkommen wieder aufzudröseln", sagte Bundesaußenminister Heiko Maas im Bundestag. Dort wurde mit den Stimmen der Großen Koalition ein Antrag beschlossen, in dem es heißt, die EU sei bereites an die Grenzen ihrer Verhandlungslinien gegangen. "Als trügerisch wird sich jede Hoffnung herausstellen müssen, dass eine Ablehnung des Abkommens zu dessen Neuverhandlung führen könnte." AfD und Linke stimmten dagegen, FDP und Grüne enthielten sich.
Auch EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger schloss neue Verhandlungen aus. Klarstellungen seien als Zugeständnis aber möglich. Im SWR sagte Oettinger, es gebe keinen Geheimplan, der über das bekannte EU-Abkommen hinausreiche. EU-Ratspräsident Donald Tusk kündigte auf Twitter "Gespräche in letzter Minute" mit May an. Von Diplomaten hieß es, beim Abendessen des Gipfels solle zunächst May reden. Dann solle sie von den EU-Regierungschefs befragt werden - ohne aber über den Brexit zu diskutieren.
Klarstellung zu "backstop" erwartet
Am Ende ist offenbar eine politische Erklärung der 27 Regierungschefs ohne May geplant. Darin enthalten sein sollen laut Diplomaten die bereits erwähnten Klarstellungen, um Mays Kritiker im Brexit-Streit zu besänftigen. Vorbereitet sei ein Entwurf mit sechs Absätzen, hieß es von der Nachrichtenagentur AFP. Dabei dürfte es dann vor allem um den sogenannten "backstop" gehen. Diese Klausel soll verhindern, dass es nach dem Brexit am 29. März wieder eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland gibt. Die Befürchtung in London: Ist diese Bestimmung erst einmal beschlossen, könne man sie nicht einseitig kündigen.
Der britische Brexit-Minister Stephen Barclay äußerte sich in der BBC zuversichtlich, dass sich die EU in diesem Punkt bewegt. Doch nach übereinstimmenden Medienberichten will die EU zwar bekräftigen, dass man die umstrittene Garantieregel für eine offene Grenze in Irland möglichst gar nicht nutzen möchte. Die von Brexit-Befürwortern geforderte Befristung des "Backstops" wolle man aber nicht zusagen.
Im Streit um die Grenzfrage traf May am Vormittag bereits den irischen Regierungschef Leo Varadkar. Das bestätigten Diplomaten. Über Ergebnisse des Gesprächs ist noch nichts bekannt.
"Totales Chaos erst einmal abgewendet"
Erleichtert zeigten sich mehrere Spitzenpolitiker, dass May das Misstrauensvotum ihrer Partei überstand. Außenminister Maas sagte im Deutschlandfunk, mit dem Sieg Mays sei das totale Chaos in Sachen Brexit erst einmal abgewendet. Auch Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz begrüßte den Ausgang des Votums.
Mit ihrer bisherigen Brexit-Politik hatte May den Zorn vieler britischer Abgeordneter auf sich gezogen. Eine für Anfang der Woche geplante Abstimmung über den Vertrag mit der EU verschob sie, weil die Erfolgsaussichten verschwindend gering waren. Wann das Parlament über den Brexit-Vertrag abstimmen soll, ist unklar. May nannte den Zeitraum bis zum 21. Januar.