Macron beim EU-Gipfel "Wir arbeiten Hand in Hand"
Einigkeit demonstrieren - das steht für Merkel und Macron beim ersten gemeinsamen EU-Gipfel im Vordergrund. Bei verlängerten Wirtschaftssanktionen für Russland klappt das noch gut. Doch schon bei der gemeinsamen Verteidigung hapert's.
Lasst uns die Ärmel hochkrempeln - das ist die Botschaft, die der neue französische Präsident zu seiner Gipfel-Premiere mitgebracht hatte: "Europa ist für mich nicht eine reine Idee, sondern ein Projekt." Gleichzeitig hob Emmanuel Macron die Bedeutung der Achse Paris-Berlin hervor: "Wir arbeiten Hand in Hand mit Deutschland."
Bundeskanzlerin Angela Merkel erwiderte sogleich die warmen Worte: "Kreativität und neue Impulse, die von Frankreich und Deutschland ausgehen, können allen gut tun."
Vereint mit Pesco
Und so wollte es die Kanzlerin auch als deutlich sichtbares Zeichen der guten deutsch-französischen Zusammenarbeit verstanden wissen, dass sich der Gipfel - ungewöhnlich reibungslos - auf eine vertiefte Zusammenarbeit bei den Themen Terrorismusbekämpfung und Verteidigungsunion einigte. Eines der wichtigsten Werkzeuge dabei trägt den etwas sperrigen Namen "Ständige Strukturierte Zusammenarbeit" - abgekürzt Pesco.
Mit einer "Koalition der Willigen" schließt sich die EU in der Verteidigung zusammen.
Dahinter verbirgt sich das Vorhaben, dass sich eine "Koalition der Willigen" im Verteidigungsbereich bei bestimmten Projekten zusammenschließen kann, um schneller als andere voranzuschreiten. "Das ist ein echter Mehrwert, auf den wir uns geeinigt haben", kommentierte Merkel. "Weil er uns in die Lage versetzt, Missionen durchzuführen, etwa in Afrika, bei denen wir nicht nur das Militärische im Blick haben, sondern auch die politischen Lösungsmöglichkeiten und die Entwicklungszusammenarbeit einbeziehen können."
Die europäischen Wirtschaftssanktionen gegen Russland werden wegen der unzureichenden Fortschritte im Friedensprozess für die Ukraine um weitere sechs Monate verlängert. Darauf einigten sich die Staats- und Regierungschefs in Brüssel. Die Sanktionen richten sich unter anderem gegen russische Staatsbanken, den Im- und Export von Rüstungsgütern sowie die wichtige russische Öl- und Gasindustrie und laufen derzeit noch bis Ende Juli. Experten gehen nach Angaben von Diplomaten davon aus, dass die Sanktionen Russland bereits einen dreistelligen Milliarden-Betrag gekostet haben.
Hass-Propaganda entgegenwirken
Gleichzeitig ist es kein Geheimnis, dass die Berliner und die Pariser Vorstellungen über die genaue Ausgestaltung dieses Verteidigungswerkzeugs noch weit auseinanderliegen. Was die Terrorismusbekämpfung angeht, so setzt die EU künftig auf mehr Zusammenarbeit mit den Internetanbietern. Damit soll Hasspropaganda im Netz entgegengewirkt werden: "Gerade die Propaganda des IS im Netz wird von den Nutzern sehr schnell gelesen", sagte Merkel.
In den ersten zwei Stunden nach Erscheinen nähmen bereits 50 Prozent der Nutzer davon Kenntnis. Daher sei die Erkennung solcher Inhalte und das zügige Löschen außerordentlicher wichtig.
Theresa May kündigte konkrete Brexit-Pläne an, Donald Tusk träumt von einem Brexit-Aus.
Welche Rechte haben EU-Bürger künftig in Großbritannien?
Auch das Thema Brexit spielte beim Sommergipfel natürlich eine Rolle. Eine ausführliche Debatte über die britische Abnabelung vom Kontinent wollten sich Merkel und Co beim Gipfel-Abendessen aber nicht antun - und schon gar keine echten Verhandlungen führen. "Die Gestaltung der Zukunft der verbleibenden 27 EU-Staaten hat für mich Vorrang vor den Austrittsverhandlungen", stellte die deutsche Kanzlerin klar.
Aber ganz herum um das Thema kommt der Gipfel nicht: Die britische Premierministerin Theresa May sicherte zu, dass Großbritannien nach dem EU-Austritt keinen der rund drei Millionen im Land ansässigen EU-Bürger ausweisen wird. Es war das erste Mal, dass die britische Regierungschefin konkrete Angaben zu diesem Thema machte. Die Scheidungsgespräche hätten konstruktiv begonnen, betonte May.
"Wer weiß?"
EU-Ratspräsident Tusk träumt offenbar nach wie vor davon, dass die Briten es sich womöglich nochmal überlegen und den Brexit rückgängig machen könnten: Wer weiß, fragte Tusk und zitierte dann Beatle John Lennon: "Sie können mich einen Träumer nennen, aber ich bin nicht der einzige."