Brexit-Gespräche Trennung in Zeitlupe
Die fünfte Verhandlungsrunde zwischen der EU und Großbritannien endet heute - doch wirkliche Fortschritte bei den Brexit-Gesprächen gab es bislang nicht. Wichtige Fragen wie die künftigen Rechte von EU-Bürgern oder die Finanzforderungen der EU sind weiter strittig. Doch der Druck auf London wächst.
Je mehr Zeit verrinnt bei den Brexit-Gesprächen, umso größer wird auch die Nervosität. Das ist in dieser Verhandlungswoche mehr als deutlich geworden: Wieder einmal hat die britische Premierministerin Theresa May den Druck auf die EU zu erhöhen versucht, indem sie den Eindruck erweckte, man könne auch mit einem Scheitern der Gespräche ganz gut leben. So veröffentlichte sie Pläne für einen ungeregelten Ausstieg aus der Europäischen Union.
EU-Ratspräsident Donald Tusk spielte den Ball zügig zurück über den Ärmelkanal: Er hoffe, dass es "ausreichende Fortschritte" bei den Verhandlungen bis Dezember gebe. Sonst müsse man sich "gemeinsam mit den britischen Freunden" ansehen, wo die Reise hingehe. Womit Tusk auch bereits vorwegnahm, dass der EU-Gipfel kommende Woche jedenfalls keinen ausreichenden Fortschritt in Phase 1 der Gespräche feststellen werde. Genau das hatten sich die Briten jedoch ursprünglich sehnlich gewünscht, weil sie so schnell wie möglich in Phase 2 und Verhandlungen über ein Handelsabkommen einsteigen möchten. Doch bislang schleppen sich die Scheidungsgespräche nur im Zeitlupentempo voran.
Lauter offene Fragen
Insbesondere beim Thema Ausstiegsrechnung, die sich einigen Schätzungen zufolge auf bis zu 100 Milliarden Euro belaufen könnte, kommt man bislang kein bisschen von der Stelle. Dass es hier zum richtigen Krach nach Rosenkriegsart kommt, ist weiter nicht ausgeschlossen. Auch die Frage, wie offen oder durchlässig künftig die Grenze zu Nordirland gestaltet werden soll, ist gänzlich ungeklärt.
Immerhin gibt es kleine Fortschritte atmosphärischer Art: Beide Seiten verzichten derzeit auf verbale Schärfe. Die EU-Seite zeigte sich offen für den Verschlag von Premierministerin May, dass die Briten für eine Übergangszeit von zwei Jahren ab dem Frühjahr 2019 Mitglied des Binnenmarktes bleiben könnten. Allerdings hieße das: Sie hätten weniger Rechte, aber die gleichen Pflichten wie vorher.
Keine klare Haltung?
Die insgesamt schleppenden Gespräche erklären sich nicht wenige in Brüssel damit, dass die May-Regierung in sich völlig zerstritten sei - und so gar nicht mit einer klaren Haltung am Verhandlungstisch sitzen könne. Jedenfalls ist auch mehr als ein halbes Jahr nach Einreichen des Scheidungsgesuchs kein bisschen klarer, wie sich das künftige Verhältnis nach der Trennung gestalten wird. Nur eines ist gewiss: Dass Großbritannien ab Ende März 2019 nicht mehr Mitglied der EU sein wird.