Treffen mit EU-Spitzen Kein Showdown in Brüssel
"Besorgt" ist man in Brüssel angesichts der jüngsten Entlassung zahlreicher Justizbeamter in der Türkei. Das war zwar Thema beim heutigen Besuch von Premier Erdogan in Brüssel. Gleichwohl bemühten sich beide Seiten darum, die Wogen zu glätten.
Von Kai Küstner, NDR-Hörfunkstudio Brüssel
Das große Zerwürfnis blieb aus. Sowohl die EU-Spitzen als auch ihr Gast, der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan, betonten im Anschluss an ihre Gespräche: Die Beitritts-Verhandlungen der Türkei mit der Europäischen Union sollen weitergehen. Zu turbulent waren allerdings die jüngsten Entwicklungen am Bosporus gewesen, als dass irgendeiner dieses Thema hätte aussparen können: "Wir sind besorgt", erklärte etwa EU-Kommissions-Präsident José Manuel Barroso. Allerdings sei er nach den Gesprächen zuversichtlich, dass der türkische Premier die richtigen Maßnahmen ergreifen werde.
Erdogan hatte in den letzten Wochen hunderte Polizisten und auch Justizbeamte entlassen oder versetzt. Und dies stets damit begründet, dass politische Gegner wichtige Behörden unterwandert hätten. Auch in Brüssel rechtfertigte sich der Premier noch einmal: Wenn man die Justiz als gesonderte Gewalt anerkenne, drohe ein Land, in dem die Richter die Macht hätten - nicht die Bevölkerung.
Auch Erdogan ließ nicht erkennen, dass er europamüde geworden wäre und betonte Fortschritte bei den Beitritts-Verhandlungen mit der EU. Die Gespräche mit der Türkei hatten 2005 begonnen, waren in den letzten Jahren allerdings nur sehr schleppend vorangekommen.