Hintergrund

Chronologie Die Stationen des Chodorkowski-Verfahrens

Stand: 05.03.2012 16:23 Uhr

So tief sind in den vergangenen Jahren in Russland wenige gestürzt: Michail Chodorkowski stand an der Spitze des Ölkonzerns Jukos und galt als reichster Mann des Landes, bis er wegen Steuerhinterziehung verhaftet, verurteilt und in Sibirien inhaftiert wurde. Das Verfahren hatte stets den Ruch eines politischen Prozesses.

25. Oktober 2003: Der Vorstandsvorsitzende des Jukos-Ölkonzerns, Michail Chodorkowski, wird spektakulär bei einer Zwischenlandung seines Privatjets in Nowosibirsk festgenommen. Dem Multimilliardär werden Betrug und Steuerhinterziehung vorgeworfen. Sein Geschäftspartner Platon Lebedew war bereits im Juli verhaftet worden.

16. Juni 2004: In Moskau beginnt der erste Prozess gegen Chodorkowski und Lebedew. Die Verteidigung wirft dem Kreml eine Steuerung des Verfahrens vor, weil der Jukos-Chef in Opposition zum damaligen Präsidenten Wladimir Putin gegangen sei.

16. Mai 2005: Chodorkowski und Lebedew werden unter anderem wegen schweren Betrugs und Bildung einer kriminellen Vereinigung schuldig gesprochen und am 31. Mai zu je neun Jahren Gefängnis verurteilt. Ein Berufungsgericht reduziert die Strafe im September 2005 auf je acht Jahre Haft.

18. November 2005: In Washington verabschiedet der US-Senat unter anderem mit der Stimme des heutigen US-Präsidenten Barack Obama eine Erklärung, in der er den Prozess gegen Chodorkowski und Lebedew als politisch motiviert kritisiert.

5. Februar 2007: Die Staatsanwaltschaft leitet eine zweite Anklage gegen Chodorkowski und Lebedew ein - wegen Geldwäsche.

15. November 2007: Der Jukos-Konzern wird nach seiner Zerschlagung und dem Verkauf der Teile aus Russlands Handelsregister gelöscht.

8. März 2008: Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht sich bei einem Treffen mit Putin in Moskau für Chodorkowskis Begnadigung aus. Auch andere deutsche Politiker hatten Russland wiederholt zum rechtsstaatlichen Umgang mit den beiden Unternehmern aufgefordert.

31. März 2009: In Moskau beginnt der zweite Prozess gegen Chodorkowski und Lebedew. Die Verteidigung nennt die Vorwürfe der Unterschlagung von Millionen Tonnen Erdöl "absurd und unlogisch".

4. März 2010: Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg beginnt die Anhörung ehemaliger Jukos-Eigentümer. Sie fordern von Russland rund 70 Mrd. Euro Schadensersatz, da sie den Verkauf des Konzerns als Betrug ansehen.

15. Dezember 2010: Ohne Gründe zu nennen verschiebt das Gericht die für diesen Tag geplante Verkündung des Urteilsspruchs. Als neuer Termin wird der 27. Dezember genannt.

27. Dezember 2010: Chodorkowski und Lebedew werden schuldig gesprochen. Das Strafmaß wird zu diesem Zeitpunkt noch nicht verkündet. Chodorkowski kündigt an, in Berufung zu gehen.

30. Dezember 2010: Als Strafmaß verhängt Richter Viktor Danilkin 14 Jahre Haft. Diese werden mit der ersten Strafe verrechnet. Chodorkowski und Lebedew bleiben demnach noch weitere sechs Jahre im Gefängnis und kommen erst 2017 frei.

24. Mai 2011: Ein Moskauer Berufungsgericht kommt zu dem Schluss, dass Chodorkowski nur 90 Millionen statt 128 Millionen Tonnen Rohöl unterschlagen habe. Deshalb reduzieren die Richter die Haftstrafe um ein Jahr. Chodorkowski kommt demnach frühestens 2016 frei.

10. Dezember 2011: Nach den Manipulationsvorwürfen bei der Parlamentswahl fordern Zehntausende Kreml-Gegner den Rücktritt von Regierungschef Putin und die Freilassung politischer Gefangener wie etwa Chodorkowski.

5. März 2012: Nach der Wahl Putins zum russischen Präsidenten kündigt der amtierende Staatschef Dimitri Medwedjew überraschend an, die Urteile gegen Chodorkowski und andere Oppositionelle überprüfen zu lassen.