London fordert neue Regeln für EU-Zuwanderer EU-Mitglied - nur unter Bedingungen
Drohgebärden, der EU die Mitgliedschaft aufzukündigen, gibt es aus Großbritannien schon länger. Nun hat Premier Cameron erstmals Bedingungen für einen Verbleib genannt. Sie richten sich vor allem gegen Zuwanderer aus EU-Staaten.
David Cameron will Großbritannien für Zuwanderer aus der EU weniger attraktiv machen. Er will den Zugang zu britischen Sozialleistungen erschweren. Er will, dass die Zuwanderer nicht alle Steuervergünstigungen in Anspruch nehmen können und er will ihnen kein Kindergeld zahlen, wenn die Kinder nicht in Großbritannien leben. Unter dem Strich: Für Zuwanderer soll es sich weniger lohnen, nach Großbritannien zu kommen.
Der britische Premierminister will diese Regelungen in Verhandlungen mit den anderen EU-Mitgliedsländern durchsetzen. Er sagte in seiner mit Spannung erwarteten Rede vor Arbeitern einer Baumaschinenfabrik in den West Midlands: "Wenn Sie mich im Mai wieder wählen, werde ich eine Reform der EU verhandeln. Wenn ich Erfolg habe, werde ich dafür kämpfen, dass unser Land in der Europäischen Union bleibt. Wenn aber unsere Sorgen auf taube Ohren stoßen, schließe ich nichts aus."
Auch nicht den Austritt aus der Gemeinschaft, so Cameron. Die Briten sollen darüber in einem Referendum im Jahr 2017 abstimmen, so hat es der konservative Premier angekündigt.
Sozialleistungen erst nach vier Jahren
Im Einzelnen sehen Camerons Vorschläge vor: Zuwanderer sollen erst nach vier Jahren Anspruch auf britische Sozialleistungen - wie zum Beispiel Wohngeld und Sozialwohnungen - haben. Sie sollen in dieser Zeit auch viele Steuervergünstigungen nicht in Anspruch nehmen können, selbst wenn sie einen Job in Großbritannien haben. Sie sollen auch keine Lohnzuschüsse bekommen, die britischen Staatsangehörigen mit geringem Einkommen gezahlt werden. Und: Kindergeld gibt es nur für die, die ihre Kinder auch mit nach Großbritannien bringen.
All das soll dazu beitragen, die Differenz zwischen dem Einkommen, das Zuwanderer in Großbritannien erzielen können, und dem, was sie zum Beispiel in Bulgarien oder Rumänien verdienen, deutlich zu verringern. Cameron kündigte "das härteste System" an, um dem "Missbrauch der Freizügigkeit in der EU Herr zu werden".
Finger weg von der Freizügigkeit
In den vergangenen Wochen hieß es in britischen Regierungskreisen immer wieder, Cameron würde das Prinzip der Freizügigkeit in der EU insgesamt in Frage stellen. Die Rede war zum Beispiel von Quoten für EU-Einwanderer. Das hatte sofort den Widerstand der EU-Partner hervorgerufen.
Auch Angela Merkel signalisierte dem britischen Premier: Die Freizügigkeit sei eine unverrückbare Säule der Gemeinschaft. Und so ruderte Cameron heute zurück: "Das Prinzip der Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der EU ist ein Schlüsselelement für die Mitgliedschaft. Deshalb wollen wir es nicht zerstören und auch nicht auf den Kopf stellen."
Cameron konzentriert sich deshalb jetzt auf das Sozial- und Steuersystem. Die Chancen, dass Großbritannien Mitglied der EU bleibt, steigen dadurch. Denn für diesen Weg könnte Cameron Mitstreiter in der EU finden.
Einwanderungsboom im Vereinigten Königreich
Großbritannien erlebt einen Einwanderungsboom: innerhalb eines Jahres ein Plus von 43 Prozent. Vor allem der Zuzug aus den EU-Ländern ist stark angestiegen. Die britische Wirtschaft wächst so stark wie keine andere in Europa, das macht das Land so attraktiv für Zuwanderer.
Vor allem die EU-feindliche UKIP-Partei macht Stimmung gegen die Zuwanderer und hat damit nicht nur die Europawahl in Großbritannien, sondern auch zwei Nachwahlen zum Unterhaus in London gewonnen. Camerons Rede ist der Versuch, den Aufstieg der UKIP vor der Unterhauswahl im Mai zu bremsen.