Abstimmungen im Unterhaus Brexit-Kurs soll neu justiert werden
Mays Austrittsabkommen hat das Unterhaus abgelehnt. Zur Stunde stellen die Abgeordneten ihre Brexit-Änderungsanträge zur Abstimmung. Ein Streitpunkt bleibt die Irland-Grenze.
Die Abstimmungen im Unterhaus entscheiden über die Richtung, die der Brexit in den kommenden Wochen nehmen wird. Theresa Mays neuer Plan: Noch einmal nach Brüssel fahren, nachverhandeln und dann das vor zwei Wochen im Unterhaus gescheiterte Austrittsabkommen erneut zur Abstimmung stellen.
Irland-Grenze ist der Knackpunkt
Im Mittelpunkt der Nachverhandlungen: die Grenze auf der irischen Insel. "Wir werden ausloten, wie wir unserer Verpflichtung, keine Kontrollen an der Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland entstehen zu lassen, so gerecht werden, dass wir dafür die Zustimmung des Unterhauses und der Europäischen Union finden", erklärte Theresa May vor einer Woche im Parlament.
Der sogenannte Backstop im Austrittsabkommen hat viele Gegner in den Reihen der Regierung. Solange es noch kein richtiges Handelsabkommen mit der EU gibt, würde er in Nordirland zu anderen Regeln als im Rest Großbritanniens führen. Die britische Provinz würde enger mit dem Europäischen Binnenmarkt verbunden bleiben. Das ist inakzeptabel, sagt die DUP, die Partei der nordirischen Protestanten, die die konservative Minderheitsregierung normalerweise unterstützt.
Die Garantie der offenen Grenze könnte auch dazu führen, dass ganz Großbritannien in der Europäischen Zollunion bliebe. Das geht gar nicht, meinen die konservativen Brexit-Anhänger, die davon träumen, wieder in eigener Regie Zollsätze festzulegen und eigene Handelsabkommen abzuschließen.
Ein Plan: Der Backstop wird befristet
Deshalb drängen ihre eigenen Abgeordneten die Premierministerin, den Backstop zumindest zeitlich zu befristen oder ihn durch nicht näher genannte "alternative Maßnahmen" zu ersetzen. Das ist das Ziel des Antrags, mit dem Graham Brady, der Vorsitzende der konservativen Hinterbänkler, die Premierministerin nach Brüssel schicken will:
Ich glaube, dass das Austrittsabkommen ohne den Backstop eine Mehrheit erreichen kann. Wenn das Unterhaus das klar macht, senden wir ein eindeutiges Signal an die EU und stärken die Hände der Premierministerin in den Verhandlungen.
Oder doch den Austrittstermin verschieben?
Das Problem allerdings: Die EU will das Austrittsabkommen nicht noch einmal aufschnüren. Und deshalb könnte ein weiterer Antrag aus den Reihen des Parlaments die Premierministerin auf einen ganz anderen Weg schicken. Zusammen mit einigen Konservativen stellt die Labour-Abgeordnete und Vorsitzende des Innenausschusses, Yvette Cooper, May ein Ultimatum: Wenn bis Ende Februar kein Abkommen zu Stande komme, müsse der Austrittstermin 29. März verschoben werden, um auf jeden Fall einen ungeregelten Brexit zu vermeiden:
Ich will nicht, dass meine Wähler unter einem No Deal leiden. Ich will nicht, dass in meinem Wahlkreis die Jobs bei Haribo oder Burberry verloren gehen. Die Premierministerin muss den ungeordneten Austritt ausschließen.
Die Anträge, die heute eine Mehrheit im Unterhaus finden, bestimmen damit die Richtung des Brexits. Der inzwischen weltweit bekannte Speaker des Unterhauses, John Bercow, spielt dabei eine wichtige Rolle. Er entscheidet, welche Anträge überhaupt zur Abstimmung zugelassen werden.