Corbyn über Gespräch mit May "Nützlich, aber ergebnislos"
Nach dem Treffen mit Premierministerin May und Oppositionschef Corbyn gibt es offenbar noch viel zu reden. Tories und Labour bildeten Verhandlungsteams. Zuvor gab es in Mays Regierungslager zwei Rücktritte.
Auf der Suche nach einem Ausweg aus der Brexit-Sackgasse haben die britische Premierministerin Theresa May und Oppositionschef Jeremy Corbyn nach Regierungsangaben "konstruktive" Gespräche geführt. "Beide Seiten haben Flexibilität und Engagement gezeigt, die gegenwärtige Brexit-Unsicherheit zu einem Ende zu bringen", teilte ein Regierungssprecher nach der ersten Gesprächsrunde in London mit.
Labour-Chef Corbyn beschrieb das Gespräch als nützlich, aber ergebnislos. Es gebe noch sehr viel, das beredet werden müsse.
Weitere Gespräche mit zwei Verhandlungsteams
Für die weiteren Gespräche sollten zwei Verhandlungsteams gebildet werden, sagte der Regierungssprecher. Auf Regierungsseite gehören nach Angaben der Downing Street Vizepremier David Lidington und Brexit-Minister Steve Barclay dazu.
Noch am Abend wollen beide Seiten angesichts des Zeitdrucks gemeinsam ein Arbeitsprogramm erstellen. Am Donnerstag soll dann den ganzen Tag weiter verhandelt werden.
Die britische Premierministerin Theresa May muss einen erneuten Abgang in ihrer Regierung beklagen. Aus Protest traten zwei Staatssekretäre zurück.
Zollunion ist eine Kernforderung von Labour
May hatte die direkten Verhandlungen mit Corbyn angeregt, um eine Vereinbarung zur Überwindung der Blockade im Parlament zum Brexit zu erzielen. Damit scheint nun eine Brexit-Variante wahrscheinlich, bei der Großbritannien zumindest wirtschaftlich eng an die EU gebunden bleibt.
Eine Zollunion zwischen der EU und Großbritannien über den Austritt hinaus ist eine Kernforderung von Labour. Zahlreiche Tories hatten empört auf ein Gesprächsangebot der Premierministerin an die oppositionelle Labour-Partei reagiert.
Staatssekretäre aus Protest zurückgetreten
Am Mittwoch erklärten gleich zwei Staatssekretäre aus Protest ihren Rücktritt: der für den Brexit zuständige Chris Heaton-Harris und Nigel Adams, der Staatssekretär für den Landesteil Wales ist. Sie fürchten, der Bruch mit Brüssel könne nun nicht deutlich genug ausfallen.
Damit sind in den vergangen zwölf Monaten bereits 36 Regierungsmitglieder zurückgetreten - fast alle im Streit um den Brexit. Weitere konservative Parlamentarier kündigten Widerstand an.
Gegen Abstimmung über alternative Ansätze
Am Abend stimmte das Unterhaus gegen einen Antrag, am Montag erneut über alternative Ansätze zum Brexit-Verfahren abzustimmen. Da Befürworter und Gegner je 310 Stimmen erhielten, entschied Parlamentspräsident John Bercow die Frage mit seinem ablehnenden Votum. Zur Begründung sagte er, wichtige Entscheidungen sollten nur mit einer Mehrheit getroffen werden. Es war das erste Mal seit 25 Jahren, dass eine Abstimmung im britischen Unterhaus einen Gleichstand verursachte.
Bei den zwei bisherigen Alternativ-Abstimmungen hatte das Parlament alle Optionen abgelehnt.
Das Parlament begann darüber hinaus mit der Debatte über ein Gesetz, das die Regierung zum Antrag auf eine weitere Verschiebung des Brexits zwingen könnte. Eine überparteiliche Gruppe von Abgeordneten wollte so verhindern, dass es zu einem Ausscheiden aus der EU ohne Vertrag kommt. Mit der letzten Abstimmung wird gegen 23 Uhr (MESZ) gerechnet. Danach ist noch die Zustimmung des Oberhauses nötig.
Parlamentschef John Bercow im britischen Unterhaus. Wichtige Entscheidungen sollten nur mit einer Mehrheit getroffen werden, sagte er.
Juncker für Aufschub bis zum 22. Mai
May unterstrich das gemeinsame Ziel, einen ungeordneten EU-Austritt ohne Abkommen zu vermeiden. Sollte das britische Parlament den Austrittsvertrag kurzfristig doch noch annehmen, plädiert EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker für einen weiteren Aufschub des Brexits um knapp sechs Wochen bis zum 22. Mai.
Am 12. April soll Großbritannien nach jetzigem Stand die EU verlassen. Ohne ein Ja des Unterhauses zum Austrittsgesetz droht dann ein chaotischer Austritt. Ein erneuter Fristaufschub ist nur möglich, wenn die Staats- und Regierungschefs der 27 übrigen Mitgliedstaaten beim EU-Sondergipfel am 10. April der britischen Bitte dazu nachkommen.