Wann beginnen die Brexit-Verhandlungen? Europa drängt, London spielt auf Zeit
Erst Antrag, dann Gespräche: Deutschland, Frankreich und Italien beharren beim britischen EU-Austritt auf einem formell korrekten Verfahren. Premier Cameron dagegen will sich Zeit lassen - und von einem Brexit-Antrag noch nichts wissen.
Zwischen Großbritannien und der EU bahnt sich ein offener Konflikt um das Brexit-Prozedere ab. So lehnen Deutschland, Frankreich und Italien die offenbar von London angestrebten informellen Verhandlungen über den britischen EU-Austritt ab. Man sei sich einig, dass es keine Gespräche mit der britischen Regierung geben werde, bis Artikel 50 des EU-Vertrags in Gang gesetzt worden sei, erklärte Kanzlerin Angela Merkel am Abend nach einem Treffen mit dem französischen Präsidenten François Hollande und dem italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi in Berlin.
Artikel 50 regelt das Ausscheiden eines Mitgliedsstaates aus der EU. Den Antrag auf eine Trennung muss Großbritannien selbst stellen, die übrigen EU-Mitglieder haben darauf keinen Einfluss.
Cameron: Wann verhandelt wird, entscheiden wir
Der scheidende britische Premier David Cameron hatte kurz zuvor gesagt, sein Land wolle offizielle Brexit-Verhandlungen erst dann aufnehmen, wenn das künftige Verhältnis zur EU grundsätzlich geklärt sei.
Bei der ersten Sitzung des britischen Parlaments seit dem Brexit-Referendum betonte Cameron, wann die Verhandlungen beginnen, liege allein bei Großbritannien. Er konterte damit Forderungen unter anderem des EU-Parlaments, schnellstmöglich mit den Brexit-Gesprächen zu beginnen.
Cameron sagte, es obliege seinem Nachfolger und dessen Kabinett, die Art der künftigen Beziehung zur EU festzulegen. Ein Expertenrat solle für die Regierung entsprechende Vorschläge ausarbeiten. Einen Zeitrahmen nannte der Premierminister nicht.
Keine baldigen Neuwahlen, kein neues Referendum
Nach eigenen Worten will Cameron bis Oktober zurücktreten. Baldige Neuwahlen lehnte er ab. Über den Zeitpunkt solle stattdessen erst der künftige Premier entscheiden. Bestrebungen, einen Austritt aus der EU doch noch abzuwenden, erteilte Cameron eine Absage. "Die Entscheidung muss akzeptiert werden."
52 Prozent der Briten hatten beim historischen Referendum vergangene Woche für den Brexit gestimmt. Allerdings fordern viele Briten inzwischen eine zweite Abstimmung. So unterzeichneten Millionen von Menschen eine entsprechende Petition im Internet - allerdings gibt es Ungereimtheiten bei der Stimmabgabe.