Nach dem Brexit-Referendum EU drängt auf schnellen Austritt
In Brüssel laufen bereits die Vorbereitungen für einen Austritt der Briten aus der Europäischen Union. EU-Parlamentspräsident Schulz forderte die britische Regierung auf, schon beim EU-Gipfel am Dienstag den Austritt zu beantragen. Der Chef der Brexit-Kampagne kündigte dagegen an, man wolle sich Zeit lassen.
Deutschland und die anderen fünf Gründerstaaten der Europäischen Union machen nach dem Brexit-Votum Druck auf London, rasch Verhandlungen über einen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union zu starten. In der EU wird befürchtet, dass London auf Zeit spielt.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz forderte Großbritannien auf, bereits beim EU-Gipfel am Dienstag den Austritt zu beantragen. "Ein Zögern, nur um der Parteitaktik der britischen Konservativen entgegenzukommen, schadet allen", sagte Schulz der "Bild am Sonntag". Eine lange Hängepartie führe zu noch mehr Verunsicherung und gefährde dadurch Jobs. "Deshalb erwarten wir, dass die britische Regierung jetzt liefert. Der Gipfel am kommenden Dienstag ist hierfür der geeignete Zeitpunkt," so der SPD-Politiker.
"Die beginnende Verzögerungstaktik ist inakzeptabel"
Auch der Chef der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber, kritisierte das Verhalten der britischen Regierung. "Die beginnende Verzögerungstaktik in London ist inakzeptabel", sagte Weber der gleichen Zeitung. Er plädierte für einen schnellen Austritt "innerhalb der geplanten Frist von zwei Jahren, besser sogar innerhalb eines Jahres".
Bei einem Treffen der Außenminister der EU-Gründerstaaten in Berlin drückte auch Außenminister Steinmeier aufs Tempo. Der Austrittsprozess solle so schnell wie möglich losgehen." Ziel müsse es sein, "nicht in eine längere Hängepartie zu geraten".
Die EU treibt den Austritt voran
"Wir beginnen sofort", sagte auch der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault. "Wir erwarten jetzt, dass das Verfahren nach Artikel 50 ausgelöst wird." Die britische Regierung muss der EU die Austrittsabsicht nach diesem Artikel des EU-Vertrags offiziell mitteilen. Eine Frist dafür gibt es nicht.
Nach dem Referendum hatte der britische Premier David Cameron seinen Rücktritt bis Oktober angekündigt - die Verhandlungen solle erst sein Nachfolger führen. Ayrault forderte dagegen einen neuen britischen Regierungschef "innerhalb weniger Tage". Cameron habe das Referendum in Großbritannien angesetzt, "er muss jetzt auch mit den Konsequenzen leben", so Ayrault.
Der Chef der Brexit-Kampagne will keinen schnellen Austritt
Der Chef der Brexit-Kampagne, Matthew Elliott, sprach sich derweil gegen ein schnelles Austrittsschreiben aus. Vor dem offiziellen Schreiben an die EU solle Großbritannien informelle Verhandlungen über die künftigen Beziehungen führen. "Am besten ist es, wenn sich der Staub den Sommer über legen kann und während dieser Zeit informelle Verhandlungen mit anderen Ländern stattfinden", sagte Elliott der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir glauben nicht, dass es die Notwendigkeit gibt, sich schnell auf Artikel 50 zu berufen."
Das sieht die EU offensichtlich anders. EU-Ratspräsident Donald Tusk benannte bereits einen Verhandlungsführer. Der belgische Diplomat Didier Seeuws soll im Auftrag der EU die Austrittsverhandlungen mit Großbritannien führen. Seeuws sei zum Leiter der "Brexit Task Force" ernannt worden, die alle Verhandlungen führen solle, sagte Tusks Sprecher. Seeuws bereite sich bereits auf die Aufgabe vor. Der 50-jährige Belgier leitet derzeit das Ressort für Verkehr, Telekommunikation und Energie im Europäischen Rat.