Treffen der EU-Gründerstaaten EU dringt auf rasche Brexit-Verhandlungen
Die EU erhöht den Druck auf Großbritannien, möglichst schnell den Antrag auf einen Austritt zu stellen. Man dürfe nicht in eine "Hängepartie geraten", sagte Außenminister Steinmeier nach einem Treffen mit seinen Kollegen der EU-Gründerstaaten. Ganz so eilig hat es Kanzlerin Merkel nicht.
Nach dem Brexit-Votum der Briten dringen die sechs europäischen Gründerstaaten auf ein zügiges Austrittsverfahren. "Dieser Prozess sollte so schnell wie möglich losgehen", sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier nach einem Treffen mit seinen Kollegen aus Frankreich, Italien, den Niederlanden, Belgien und Luxemburg in Berlin. Ziel müsse es sein, "nicht in eine längere Hängepartie zu geraten".
"Wir beginnen sofort", sagte auch der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault. "Wir erwarten jetzt, dass das Verfahren nach Artikel 50 ausgelöst wird." Die britische Regierung muss der EU die Austrittsabsicht nach Artikel 50 des EU-Vertrags offiziell mitteilen. Eine Frist dafür gibt es nicht.
Premierminister David Cameron habe das Referendum in Großbritannien angesetzt, "er muss jetzt auch mit den Konsequenzen leben", so Ayrault. Mit seinen Kollegen wolle er das Signal aussenden, "dass Europa lebt", sagte er. Der französische Außenminister drang zugleich auf eine rasche Machtübergabe in Großbritannien. "Es muss ein neuer britischer Premierminister bestimmt werden, das dauert wenige Tage", sagte Ayrault.
Antrag erst im Herbst?
Cameron hatte am Freitag nach der Niederlage seines Pro-EU-Lagers bei dem Referendum die Konsequenzen gezogen und seinen Rücktritt angekündigt - allerdings erst bis Oktober. Zugleich sagte Cameron, er wolle es seinem Nachfolger überlassen, den offiziellen Antrag auf Austritt aus der EU zu stellen. Damit könnte sich der Antrag bis über den Herbst hinaus hinziehen.
Daraufhin hatte bereits EU-Kommissionchef Jean-Claude Juncker auf einen zügigen Beginn der Austrittsverhandlungen mit Großbritannien gedrängt. "Ich verstehe nicht, wieso die britische Regierung bis Oktober braucht, ob sie den Scheidungsbrief nach Brüssel schicken wollen oder nicht. Ich hätte den gern sofort", sagte Juncker im Brennpunkt.
Auch EU-Parlamentspräsident Martin Schulz kritisierte Camerons Verhalten als "skandalös". In den tagesthemen sagte er, zum wiederholten Mal werde ein "ganzer Kontinent in Geiselhaft genommen für die parteiinternen Überlegungen" der britischen Konservativen.
Merkel will nicht drängeln
Dagegen will Bundeskanzlerin Angela Merkel die britische Regierung nicht dazu drängen, möglichst schnell ein Austrittsschreiben an die EU zu übersenden. "Es soll nicht ewig dauern. Aber ich würde mich auch nicht wegen einer kurzen Zeit verkämpfen", sagte Merkel. "Ich gehe selbstverständlich davon aus, dass in Großbritannien auch mit dem Referendum so umgegangen wird, dass man das Ergebnis auch umsetzen möchte", sagte sie. Wichtig sei aber, dass solange Großbritannien diesen Antrag nicht gestellt habe und solange das Abkommen nicht fertig sei, Großbritannien weiter volles Mitglied der EU mit allen Rechten und Pflichten bleibe.
Die Briten hatten sich am Donnerstag in einem historischen Referendum mit knapp 52 Prozent für einen Austritt aus der EU ausgesprochen. Neben der Einheit der europäischen Staatengemeinschaft stellte das Votum auch jene Großbritanniens in Frage. So sprach sich in Schottland eine Mehrheit für den Verbleib in der EU aus. Die Regierung des Landes plant bereits ein zweites Referendum.