Fünf Jahre nach Bataclan-Anschlag "Es ist eine laute Stille in Paris"
Fünf Jahre nach den verheerenden Terroranschlägen von Paris hat Frankreich der 130 Todesopfer gedacht. Wegen der Corona-Beschränkungen war es ein Gedenken in kleinem Rahmen - mit beinahe gespenstischer Stille.
Die Stille vor dem Café Bonne Bière, einem der Anschlagsorte vom 13. November 2015, ist fast gespenstisch. Kaum ein Mensch ist auf der Straße. In ganz Frankreich herrschen wegen der Corona-Pandemie strenge Ausgangsbeschränkungen. Ohne triftigen Grund darf niemand vor die Tür.
Für Alexandra ist der heutige Tag mehr als ein triftiger Grund. "Ich bin diesen Menschen vor fünf Jahren begegnet. Ich war nicht weit weg von hier. Ich hatte Glück, großes Glück." Die Mittvierzigerin lebt seit vielen Jahren im zehnten Arrondissement von Paris. Kurz bevor am 13. November 2015 Terroristen auf die Menschen vor dem Bonne Bière schossen, kam sie nach Hause.
Ich fühle heute noch, was ich vor fünf Jahren gefühlt habe. Diese Angst und die Emotion. Das nimmt mir den Atem, das hat mich fest im Griff.
Kranzniederlegung im kleinen Rahmen
Im kleinen Park gegenüber der Kneipe ist eine Gedenktafel angebracht, die an die fünf Menschen erinnert, die in der Rue Faubourg du Temple ermordet wurden. Am Morgen hatten Frankreichs Premierminister Jean Castex, die Pariser Oberbürgermeisterin Anne Hidalgo und zwei Vertreter von Opferorganisationen hier im kleinen Rahmen Kränze niedergelegt.
Vor dem Pariser Konzertclub Bataclan wurden die Namen der 90 Menschen vorgelesen, die hier von einem islamistischen Terrorkommando ermordet wurden. Auch diese Zeremonie fand ohne Angehörige und Überlebende statt. Der Fernsehsender BFM übertrug live. Im Laufe des Tages aber kamen immer wieder Menschen zum Bataclan, legten Blumen nieder, zündeten Kerzen an.
Hidalgo und Castex legten vor dem Bataclan Kränze nieder.
Polizisten bewachen Gedenken
"Das weckt so viele seltsame Erinnerungen", sagt Francois, während vor ihm ein Paar Blumen ablegt. "Ich hab meinen Roller da vorne abgestellt und bin hier hergelaufen. Ich hab mich erinnert, wie ich den Abend verbracht habe - diesen Abend, als es uns alle eiskalt erwischt hat. Das war ein Moment unglaublicher Gewalt."
Vor dem Bataclan und vor allen anderen Anschlagsorten von 2015 stehen schwer bewaffnete Polizisten. Seit den jüngsten Terroranschlägen - den brutalen Morden am Lehrer Samuel Paty und an Gläubigen in einer Kirche in Nizza - gilt in Frankreich wieder die höchste Terrorwarnstufe.
Drian: Werte der Republik verteidigen
"Der Terrorismus bedroht unser Land. Damals wie heute", sagte am Morgen der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian in einem Fernsehinterview. Vor fünf Jahren war er Verteidigungsminister, verantwortete nach den Attentaten von Paris die französischen Luftschläge gegen die Terrormiliz IS in Syrien.
"Es gibt Gemeinsamkeiten, damals und heute. Was damals angegriffen wurde, war der Sport, die Geselligkeit, die Musik im Bataclan. Die neuesten Angriffe zielten auf die Meinungsfreiheit, die Schule. Es geht immer gegen die fundamentalen Werte unserer Republik." Sie müssten verteidigt werden, sagte Le Drian, von allen gemeinsam.
Trauern trotz Corona-Beschränkungen
In Zeiten, in denen die Corona-Pandemie Frankreich fest im Griff hat, ist das aber alles andere als einfach. Das spürt auch Alexandra. Sie habe zwar niemanden bei den Attentaten verloren, trotzdem sei der Jahrestag immer ein Tag, an dem sie Gesellschaft braucht.
Dass das gerade jetzt nicht erlaubt ist, etwa Freunde zu treffen, macht sie traurig: "Für die Überlebenden und Angehörigen der Opfer muss es noch so viel härter sein, heute nicht gemeinsam gedenken zu dürfen. Ich bin mit meinen Gedanken bei ihnen. Es ist so eine laute Stille gerade in Paris. Wie am Tag nach den Anschlägen."