Ungarns Außenminister zu Vorwürfen "Asselborn ist arrogant und frustriert"
Ungarns Außenminister Szijjártó schäumt: "Asselborn ist arrogant und frustriert." Der Grund: Luxemburgs Außenminister würde das Land gerne aus der EU ausschließen. "Ungarn behandelt Flüchtlinge fast schlimmer als Tiere", sagte Asselborn der "Welt".
"Ungarn behandelt Flüchtlinge fast schlimmer als Tiere", das Land sollte aus der EU verbannt werden. Diese Äußerung des luxemburgischen Außenministers Jean Asselborn wenige Tage vor einem Treffen von 27 EU-Staats- und Regierungschefs schlägt hohe Wellen. "Wir können nicht akzeptieren, dass die Grundwerte der Europäischen Union massiv verletzt werden", so Asselborn. Wer wie Ungarn Zäune gegen Kriegsflüchtlinge baue oder die Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz verletze, sollte vorübergehend oder dauerhaft "aus der EU ausgeschlossen werden", sagte er der "Welt".
Ungarns Außenminister Szijjarto nimmt seinen Amtskollegen Asselborn nicht mehr ernst.
Die Reaktion aus Ungarn folgte prompt. "Asselborn hat sich schon längst aus der Reihe ernstzunehmender Politiker ausgeschlossen. Er ist arrogant und frustriert", giftete Ungarns Außenminister Péter Szijjártó.
Auch Steinmeier geht auf Distanz zu Asselborn
Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier rückte von seinem alten Freund ab. "Es ist jetzt nicht meine persönliche Haltung, einem europäischen Mitgliedsstaat die Tür zu weisen", sagte Steinmeier bei einem Besuch in Lettland. "Wir müssen uns den komplizierten Debatten, die es da manchmal gibt, auch stellen." Steinmeier betonte, dass der Vorstoß Asselborns "keine abgestimmte Haltung" sei. Doch dann folgte ein Satz, der dezent und diplomatisch verdeutlicht, dass Steinmeier die Haltung des Luxemburgers offenbar nicht vollkommen fremd ist: "Auf der anderen Seite kann ich verstehen, dass mit Blick auf Ungarn einige in Europa ungeduldig werden angesichts der fortdauernden Debatten zwischen der EU-Kommission und der ungarischen Regierung."
Kann die EU Ungarn ausschließen?
Aber ließe sich Ungarn denn eigentlich so einfach aus der EU ausschließen? Gegen das Land wurde schon einmal ein sogenanntes Rechtsstaatsverfahren eingeleitet - in diesem Fall wegen mutmaßlicher Verstöße gegen die Pressefreiheit. Das Instrument der Sanktionen wurde sogar extra wegen Ungarn entwickelt. Ungarn gab schließlich nach und brachte Gesetze auf das rechtsstaatliche Niveau der EU. Damals ein Erfolg für Brüssel.
Asselborn übte scharfe Kritik an Ministerpräsident Orban (hier im Bild).
Dass Ungarn jedoch seine EU-Stimmrechte verlieren könnte, ist so gut wie ausgeschlossen. Dazu bedürfe es eines langen Verfahrens, vieler Abstimmungshürden im EU-Rat und am Ende wäre ein einstimmiger Beschluss aller EU-Mitgliedstaaten erforderlich. Erst dann wäre es möglich, einem EU-Mitglied die Stimmrechte so lange zu entziehen, bis sich die Verhältnisse geändert haben. Ungarn hat in der EU jedoch viele Freunde, ein einstimmiger Beschluss ist also kaum denkbar. Und davon einmal abgesehen: Selbst in diesem Fall ginge es nicht um einen absoluten "EU-Ausschluss". Das Land würde faktisch weiter in der EU bleiben.
Doch welches Ziel verfolgte Asselborn mit seinem Vorstoß? Nach Ansicht des ARD-Korrespondenten Andreas Meyer-Feist hat Asselborn vor allem eines im Sinn: "Er will Stimmungen austesten. Wie nah sind die EU-Mitglieder noch beeinander? Ist die EU noch eine Werte- oder nur eine Zweckgemeinschaft?"
Mit Informationen von Andreas Meyer-Feist