Ungarn und die Pressefreiheit Hausverbot für Journalisten
Pressefreiheit in Ungarn? Premier Orban und seine Fidesz-Partei dominieren die Öffentlichkeit und erteilen unliebsamen Journalisten sogar Hausverbote für das Parlament.
Unliebsame Fragen stellt man dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban lieber nicht. Das bekamen die Journalistin Klara Kovacs und ihre Kollegen zu spüren. Kein Wort zu den neuen Korruptionsvorwürfen vom Premier. Blicklos zog er am Journalistenpulk vorbei. Nur sein Pressesprecher stoppte kurz und drohte mit Konsequenzen. Die kamen prompt. Sechs Journalistinnen und Journalisten erhielten Hausverbot - unter ihnen Klara Kovacs. Sie ist seit 17 Jahren politische Journalistin. Die junge Frau begann beim ungarischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen.
"Wir haben unseren Job gemacht, und sind stolz darauf"
Als 2010 die rechtspopulistische Fidesz an die Macht kam, wurde sie entlassen. Seitdem arbeitet Klara Kovacs als Videojournalistin für die unabhängige Zeitung "Nepszabadsag". Das Hausverbot hat sie nicht überrascht: "Wir haben damit gerechnet, dass wir Strafe bekommen. Wenn der Pressechef des Ministerpräsidenten vor uns steht und uns droht, dann kann man nicht so naiv sein, nicht mit Folgen zu rechnen. Wir haben unseren Job gemacht und wir sind stolz darauf."
Der neue Korruptionsskandal in Ungarn dreht sich um die ungarische Notenbank. Die soll über Stiftungen Euromillionen vor allem an Unternehmen verteilt haben, die guten Freunden von Ministerpräsident Orban gehören. Ein Journalist hatte auf Einsicht in die Stiftungsunterlagen geklagt und Recht bekommen. Seit vergangenem Freitag stellten die Stiftungen die Liste ihrer umfangreichen Sponsorenverträge und die entsprechenden Geldsummen ins Internet. Von insgesamt rund 90 Millionen Euro ist die Rede. Viele Fragen dazu sind noch offen.
Vom Hausverbot nicht aufhalten lassen
Die Journalistin Klara Kovacs will Antworten. Von einem Hausverbot lässt sie sich nicht aufhalten: "Dieses Verbot gilt für uns nicht nur fürs Parlament, sondern auch für das Abgeordnetenhaus. Wir dürfen auch dort nicht mehr rein. Aber wir geben es nicht auf. Die zwei Gebäude Parlament und Abgeordnetenhaus liegen fußläufig beieinander und Abgeordnete müssen oft zwischen den Gebäuden hin- und herlaufen. Wenn es nötig ist, werden wir probieren sie anzuhalten und zu befragen."
Stückweise kommt mehr und mehr über den Korruptionsskandal ans Licht. Nur in den alles dominierenden öffentlich-rechtlichen Medien wird kaum darüber berichtet. Für Andras Pethö, Mitbegründer des Zentrums für investigativen Journalismus in Budapest, keine Überraschung: "Ich erinnere mich, dass die öffentlich-rechtlichen Medien in Ungarn vor 2010, als es das neue Mediengesetz noch nicht gab, mehr oder weniger korrekt gearbeitet haben. Vor allem der Rundfunk. Heute ist das anders. Die Öffentlich-Rechtlichen stehen heute völlig im Dienste der Orban-Regierung und arbeiten als Propaganda-Kanäle."
Zumindest die kleinen Oppositionsparteien Demokratische Koalition und Együtt erstatteten im Zusammenhang mit dem Korruptionsskandal bereits Anzeige wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder. Dass die Orban gegenüber loyale Staatsanwaltschaft aktiv wird, ist jedoch unwahrscheinlich.