Demokratiebewegung in Hongkong Aktivist Chung flieht nach Großbritannien
Ein weiterer bekannter Hongkonger Demokratie-Aktivist hat sich ins Ausland abgesetzt: Der 22-jährige Tony Chung teilte mit, dass er in Großbritannien Asyl beantragen will. Dauerüberwachung habe ihn krank gemacht.
Ein prominenter prodemokratischer Aktivist aus Hongkong ist nach Großbritannien geflohen. Tony Chung teilte auf Instagram mit, er wolle dort politisches Asyl beantragen. Der 22-Jährige gehörte zu den ersten, die in der chinesischen Sonderverwaltungszone nach einem weitreichenden Gesetz zur nationalen Sicherheit verurteilt wurden, das nach den Demokratieprotesten 2019 erlassen wurde.
Tony Chung war unter anderem wegen Separatismus und Geldwäsche zu 43 Monaten Haft verurteilt worden. Im Sommer sei er aus dem Gefängnis entlassen worden und habe seitdem unter ständiger Überwachung der Behörden gestanden, berichtete Chung.
Er wurde aufgefordert, sich regelmäßig bei den Behörden zu melden und ihnen darüber zu berichten, wo er sich aufgehalten, mit wem er sich getroffen und welche Gespräche er geführt hatte. Die Behörden hätten ihm angeboten, ihn für Informationen über andere zu bezahlen, um zu beweisen, dass er sich gebessert habe. Chung sagte, er habe unterschreiben müssen, dass er seine Gespräche mit den Behörden nicht offenlegen dürfe. Deshalb habe er weder Hilfe von Anwälten in Anspruch nehmen noch jemandem von seiner Situation erzählen können.
Ausreise über Japan
Seit Oktober habe er sich immer wieder krank gefühlt. Westliche und chinesische Ärzte hätten ihm gesagt, dass sein Immunsystem geschwächt sei, weil er unter großem psychischen Stress stehe. Später überzeugte er die Strafvollzugsbehörden, ihm eine Reise nach Okinawa in Japan zu gestatten, um seine Gefühle zu verarbeiten. Während der Reise suchte er laut eigenen Angaben Hilfe bei Organisationen und Menschen im Ausland.
Am Mittwoch traf er aus Japan in Großbritannien ein, um Asyl zu beantragen. In seine Heimat könne er nun auf absehbare Zeit nicht zurückkehren, wolle sich aber aus dem Exil weiter für die Demokratiebewegung in Hongkong engagieren. "Ich glaube, nur wenn die Menschen in Hongkong nicht aufgeben, wird die Saat von Freiheit und Demokratie eines Tages wieder aufgehen", sagte er.
Aktivisten seit 2020 unter Druck
Im Jahr 2019 hatte es monatelange Proteste in der ehemaligen britischen Kolonie gegeben - gegen die Hongkonger Regierung und die chinesische Staats- und Parteiführung. Im Sommer 2020 hatte die Regierung in Peking ein Gesetz für die chinesische Sonderverwaltungsregion verabschiedet.
Das äußerst vage formulierte Sicherheitsgesetz kann de facto alles kriminalisieren, was sich gegen die in der Volksrepublik herrschende Kommunistische Partei richtet. So können Aktivitäten, die als subversiv, separatistisch, terroristisch oder konspirativ angesehen werden, mit lebenslanger Haft bestraft werden. Menschenrechtsorganisationen kritisieren, in Hongkong gebe es keine Rechtsstaatlichkeit mehr.
Zehntausende Hongkonger leben im Exil
Viele Aktivistinnen und Aktivisten sind inzwischen verurteilt worden. Gegen den bekanntesten Angeklagten unter dem Sicherheitsgesetz, den ehemaligen Verleger Jimmy Lai, hat vergangene Woche der Prozess begonnen.
Zehntausende Hongkongerinnen und Hongkonger leben inzwischen im Ausland - zahlreiche aus Furcht vor den Behörden. Erst Anfang Dezember hatte sich die Aktivistin Agnes Chow nach Kanada abgesetzt.
Mit Informationen von Benjamin Eyssel, ARD-Studio Peking