Wegen Taiwan-Besuch China verhängt Sanktionen gegen Pelosi
Wegen ihrer Taiwan-Reise steht US-Politikerin Pelosi nun auf der chinesischen Sanktionsliste. Sie habe sich in innere Angelegenheiten eingemischt und die Ein-China-Politik mit Füßen getreten. Die chinesischen Militärmanöver dauern indes an.
China hat Sanktionen gegen die US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi wegen deren Taiwan-Reise beschlossen. "Trotz Chinas ernsthafter Bedenken und entschiedenen Widerstands bestand Pelosi darauf, Taiwan zu besuchen, sich ernsthaft in Chinas innere Angelegenheiten einzumischen, Chinas Souveränität und territoriale Integrität zu untergraben, die Ein-China-Politik mit Füßen zu treten und den Frieden und die Stabilität der Taiwanstraße zu bedrohen", sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Peking.
Das Ministerium warf der Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, die in der Rangfolge nach der Vizepräsidentin an zweiter Stelle nach dem US-Präsidenten kommt, vor, "boshaft" und "provokativ" gehandelt zu haben. Die Sanktionen würden auch für ihre unmittelbaren Angehörigen gelten. Details zur Art der Sanktionen wurden zunächst nicht mitgeteilt.
China setzt Zusammenarbeit mit den USA aus
Zudem kündigte China an, Gespräche mit den Vereinigten Staaten auf zahlreichen Ebenen zu stoppen. Ausgesetzt werde etwa der Dialog zwischen militärischen Spitzenvertretern beider Seiten und die bilateralen Klimagespräche, teilte das Außenministerium mit. Zudem werde auch die Kooperation im Kampf gegen grenzüberschreitende Kriminalität und den Drogenhandel sowie die Zusammenarbeit bei der Rückführung illegal eingereister Migranten auf Eis gelegt. Betroffen davon seien auch die Gespräche über maritime Sicherheit.
Pelosi hatte zuvor ihren Taiwan-Besuch verteidigt. China könne Taiwan nicht isolieren, indem es Vertreter der USA daran hindere, dorthin zu reisen, sagte Pelosi. Die US-Politikerin hatte in dieser Woche im Rahmen ihrer Asienreise trotz massiver Drohungen aus China auch Taiwan besucht. Sie wertete ihren Besuch als Zeichen der Solidarität mit der auf Unabhängigkeit beharrenden Insel, die von China als eigenes Staatsgebiet beansprucht wird. Es war der hochrangigste US-Besuch in Taiwan seit 25 Jahren.
Chinas Militärmanöver dauern an
Unmittelbar nach dem Pelosi-Besuch ließ China die bislang größten Militärmanöver in den Gewässern vor Taiwan anlaufen. Nach Angaben des taiwanischen Militärs überschritt das chinesische Militär auch am zweiten Tag seiner Manöver mehrfach die inoffizielle Seegrenze zwischen China und Taiwan. "Mehrere chinesische Kampfflugzeuge und Kriegsschiffe" hätten bereits die Mittellinie in der Taiwanstraße überquert, teilte das Verteidigungsministerium in Taipeh mit.
Die Übungen des chinesischen Militärs reichen bis zu 20 Kilometer an die taiwanische Küste heran. Sie sollen bis Sonntag andauern. Taiwans Premierminister Su Tseng-chang verurteilte die Manöver mit scharfen Worten. Die Regierung in Taipeh habe nicht erwartet, "dass der boshafte Nachbar eine Machtdemonstration vor unserer Haustür abhalten und willkürlich die meistbefahrenen Seerouten der Welt mit Militärübungen aufs Spiel setzen würde." Die Taiwanstraße zwischen China und Taiwan ist eine der wichtigsten Schiffsrouten der Welt.
Die Mittellinie der Taiwanstraße, die Chinas Streitkräfte nun Taipeh zufolge mehrfach überschritten haben, ist eine inoffizielle, aber weitgehend eingehaltene Grenze in der Mitte der Taiwanstraße, die China und Taiwan trennt. Bereits in den vergangenen Tagen hatte China Taipeh zufolge 49 mal die Mittellinie überquert, 44 mal seien Kampfflugzeuge verantwortlich gewesen.
US-Außenminister kritisiert China
US-Außenminister Antony Blinken warf China vor, mit Raketentests und Militärübungen den Status quo in der Meerenge der Taiwanstraße ändern zu wollen. Bei dem Treffen der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean im kambodschanischen Phnom Penh sagte Blinken, es gebe keine Rechtfertigung für die militärische Reaktion auf den friedvollen Besuch von Pelosi in Taiwan, wie ihn ein westlicher Vertreter laut Nachrichtenagentur Bloomberg zitierte.
In einer Rede nach Russlands Außenminister Sergej Lawrow und Chinas Außenminister Wang Yi habe Blinken die anderen Außenminister im Raum gefragt, wie sie sich fühlen würden, wenn Raketen in ihren Wirtschaftszonen landen würden. Blinken sagte, dass sich die US-Politik gegenüber Taiwan nicht geändert habe, aber dass China zunehmend provokative Schritte unternehme, um den Status quo zu stören.
China bestellt europäische Diplomaten ein
Japans Ministerpräsident Fumio Kishida zeigte sich besorgt über die Militärmanöver. Fünf ballistische Raketen, die die chinesischen Streitkräfte dabei abfeuerten, landeten in Japans exklusiver Wirtschaftszone. Kishida bezeichnete die Manöver als ein "gravierendes Problem", das den regionalen Frieden und die Stabilität bedrohe. Das Abfeuern von Raketen müsse "sofort aufhören".
China bestellte wiederum eigenen Angaben zufolge europäische Diplomaten in dem Land ein, um gegen die Kritik der G7-Staaten und der EU an den chinesischen Militärmanövern zu protestieren. Das Außenministerium teilte mit, Vize-Außenminister Deng Li sei auf die nach seinen Worten "schamlose Einmischung in Chinas innere Angelegenheiten" eingegangen.
Die Vereinigten Staaten bestellten daraufhin Chinas Botschafter ins Weiße Haus ein, um gegen die chinesischen Militäraktionen zu protestieren, die sie als unverantwortlich und im Widerspruch zur Wahrung von Frieden und Stabilität in der Taiwanstraße bezeichneten, sagte der Sprecher der nationalen Sicherheit, John Kirby.
Militärmanöver wirken sich auf Schiffsverkehr aus
Die massiven Militärübungen stören auch den internationalen Schiffsverkehr auf der wichtigen Handelsroute. Frachtschiffe und Öltanker umfahren Taiwan, um eine Konfrontation mit dem chinesischen Militär zu vermeiden, wie Analysten und Schiffseigner der Nachrichtenagentur Reuters bestätigten. Das verlängere die Fahrtzeit um etwa einen halben Tag.
"Solange die Schiffe um Taiwan herumfahren können, werden die Störungen den Handel mit Deutschland nicht spürbar beeinträchtigen", sagte der Handelsexperte des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Vincent Stamer. "Eine Umfahrung Taiwans bedeutet auf der Strecke Shanghai - Hamburg nur einen Umweg von etwa ein bis zwei Prozent. Der Containerschiffstau in der Nordsee wiegt schwerer." Dort warten derzeit 24 Containerschiffe auf ihre Abfertigung in Hamburg oder Bremerhaven.