Reaktionen auf NGO-Verbot "Russlands wahres Gesicht"
"Rücksichtslose Unterdrückung", ein "Schritt zum Totalitarismus": Das Verbot von NGOs und Stiftungen in Russland ist von Bundesregierung, EU und Organisationen scharf kritisiert worden. Human Rights Watch und Amnesty wollen ihre Arbeit vor Ort fortsetzen.
Das Verbot mehrerer internationaler Menschenrechtsorganisationen und deutscher parteinaher Stiftungen in Russland hat harsche Kritik hervorgerufen. Die russische Regierung zeige damit der Welt einmal mehr ihr wahres Gesicht, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes.
"Mit gezielten Verboten und Zensur werden konsequent alle Stimmen zum Schweigen gebracht, die sich für Transparenz und Wahrheit, Gerechtigkeit, Menschenrechte und Demokratie einsetzen - zu Lasten des russischen Volkes." Die "rücksichtslose Unterdrückung abweichender Meinungen innerhalb Russlands" sei das Spiegelbild der Aggression des russischen Regimes nach außen.
Kritik von der EU
Auch die Europäische Union reagierte auf die Entscheidung. "Nichts in den Aktivitäten dieser Organisationen, die sich auf den Schutz der Rechte und Freiheiten der Bürger konzentrieren, rechtfertigt einen solchen Schritt", teilte der Europäische Auswärtige Dienst in Brüssel mit. Mit dem Verbot verweigere die politische Führung Russlands der Bevölkerung weiterhin das Recht auf freie Meinungsäußerung und Gedankenfreiheit.
Das Justizministerium in Moskau hatte zuvor erklärt, dass unter anderem der Heinrich-Böll-Stiftung, der Friedrich-Ebert-Stiftung, der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Friedrich-Naumann-Stiftung die Registrierung entzogen worden sei. Auch die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Human Rights Watch seien wegen angeblicher "Verstöße gegen die geltende Gesetzgebung der Russischen Föderation" betroffen. Insgesamt seien 15 Organisationen betroffen.
"Schritt vom Autoritarismus zum Totalitarismus"
Der Vorstand der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Berlin hatte zuvor von einem weiteren Schritt "vom Autoritarismus zum Totalitarismus" gesprochen. Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, nannte es "ein fatales Signal". Russland und Europa müssten angesichts des furchtbaren Krieges Putins alles dafür tun, um im Dialog zu bleiben.
Auch die Grünen verurteilten das Vorgehen des Kreml. Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann sagte, dass Putin Organisationen und Stiftungen fürchte, "weil sie Orte für Austausch schaffen, Menschenrechtsverstöße anprangern, Fakten und Wahrheit hinter der Propagandafassade des Kreml ans Licht befördern und zivilgesellschaftliches Engagement unterstützen."
Die Generalsekretärin von Amnesty International, Agnes Callamard, sagte, die Organisationen seien "dafür bestraft worden, dass sie die Menschenrechte verteidigt und den russischen Behörden die Wahrheit gesagt haben". Die Regierung in Moskau täusche sich aber, wenn sie glaube, durch die Schließung des Moskauer Büros Amnesty daran hindern zu können, "Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren und aufzudecken".
Human Rights Watch äußerte sich ähnlich. Seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine versuche Moskau verstärkt, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Human Rights Watch sei seit 30 Jahren in Russland aktiv, "und wir werden unsere Arbeit fortsetzen", kündigte die Organisation an. "Dieser neue Eiserne Vorhang wird uns nicht davon abhalten, die Rechte aller Russen zu verteidigen und Zivilisten in der Ukraine zu beschützen", sagte Direktor Kenneth Roth.