Kritik an Russlands NGO-Verbot "Missachtung lebendiger Zivilgesellschaft"
Russlands Verbot von drei deutschen Nichtregierungsorganisationen ist auf scharfe Kritik der EU getroffen. Die Entscheidung schade den Interessen der russischen Bevölkerung.
Die EU hat Russland aufgefordert, das Verbot dreier deutscher Nichtregierungsorganisationen rückgängig zu machen. Man lehne die Einstufung als "unerwünschte Organisationen" ab, sagte ein Sprecher des Außenbeauftragten Josep Borrell. Die Entscheidung sei "das jüngste Beispiel für die Missachtung einer lebendigen Zivilgesellschaft durch die russischen Behörden".
Gestern hatte die russischen Generalstaatsanwaltschaft erstmals drei deutsche NGOs auf die Liste unerwünschter ausländischer Organisationen gesetzt. Betroffen sind das Forum Russischsprachiger Europäer e. V., das Zentrum für die Liberale Moderne GmbH und der Verein Deutsch-Russischer Austausch e. V. Ihre Aktivitäten gefährdeten "die Grundlagen der verfassungsmäßigen Ordnung und die Sicherheit der russischen Föderation", so die Begründung der russischen Justiz. Alle drei Organisationen haben ihren Sitz in Berlin.
"Die Entscheidung des russischen Generalstaatsanwalts schadet letztlich den Interessen der russischen Bevölkerung und den Möglichkeiten eines offenen und freien Dialogs", erklärte der EU-Sprecher. Nichts in den Aktivitäten dieser NGOs rechtfertige diesen Schritt.
Maas: Verbot "befremdlich und inakzeptabel"
Bundesaußenminister Heiko Maas sprach von einem "herben Rückschlag für unsere Bemühungen, ein besseres Verhältnis zu Russland zu erreichen". Das Betätigungsverbot sei "befremdlich und inakzeptabel". Vertreter der Zivilgesellschaften müssten ihrer Tätigkeit nachgehen können, ohne kriminalisiert zu werden.
Beim heutigen Treffen mit seinen EU-Kollegen in Lissabon wies Maas darauf, dass ein derartiges Vorgehen nicht nur deutsche Nichtregierungsorganisationen trifft. Es scheine mittlerweile eine russische Strategie zu sein. "Das wird das ohnehin schwierige Verhältnis weiter belasten und ist ein weiterer Beweis dafür, dass Russland anscheinend - im Moment zumindest - kein großes Interesse an einem Dialog hat."
In Russland werden politisch aktive Organisationen, die ganz oder teilweise aus dem Ausland finanziert werden, seit 2012 per Gesetz gezwungen, sich als "ausländische Agenten" registrieren zu lassen. 2015 setzte Präsident Wladimir Putin zudem ein weiteres Gesetz in Kraft, wonach ausländische Nichtregierungsorganisationen gleichfalls als "unerwünscht" eingestuft werden können. Inzwischen haben die russischen Behörden bereits mehr als 30 ausländische Gruppen zu unerwünschten Organisationen erklärt.