Putin und Arabiens Potentaten Eine Hand wäscht die andere
Die Regime im Nahen Osten zeigen teils offen, teils verhohlen Sympathie für den Machthaber im Kreml - nicht zuletzt auch aus Enttäuschung über den Westen. Dessen Werte lehnen sie ohnehin ab.
Sogar in Beirut sind sie kürzlich mit blau-gelben Fahnen vor die russische Botschaft gezogen - ein paar Dutzend Ukrainer, viel mehr waren es nicht. Aber immerhin: Ein lokales Kamerateam des libanesischen Fernsehens hat sie begleitet. Ihor Ostash, der ukrainische Botschafter im Libanon, sagte, was derzeit alle ukrainischen Botschafter sagen: "Wir sind ein friedliches Land, wir kämpfen um jeden Zentimeter unserer Heimat. Es kommt jetzt darauf an, soviel Unterstützung wie möglich zu haben."
Hisbollah verteidigt Putin
In den Regierungspalästen der arabischen Welt hält sich die Solidarität mit der Ukraine freilich in Grenzen. Bislang hat nur die libanesische Regierung den russischen Angriffskrieg klar und mit scharfen Worten verurteilt. Aber kaum war das geschehen, meldete sich Hassan Nasrallah zu Wort, der Führer der schiitischen Hisbollah: Die USA und Großbritannien hätten die Ukraine ins Verderben getrieben, erklärte er, die Verurteilung Russlands sei ein Fehler gewesen, der Westen sei schuld am Krieg in Europa.
Syrien unterstützt Russland ebenfalls
Die vom Iran hochgerüstete Hisbollah ist eng verbunden mit Syriens Machthaber Baschar al-Assad. Dass der den syrischen Bürgerkrieg überstand, verdankt er der russischen Luftwaffe, die im Herbst 2015 in Syrien auf Seiten des Regimes intervenierte. Und er verdankt es der Hisbollah, deren Kämpfer in enger Abstimmung mit der russischen Luftwaffe am Boden die Drecksarbeit machten: Städte beschießen, belagern und aushungern. Eine Hand wäscht die andere - auch wenn Blut daran klebt. Sieben Jahre später verteidigen nun das Assad-Regime, die Hisbollah und der Iran Russlands Angriffskrieg in der Ukraine.
Partner des Westens wenden sich ab
Doch es sind nicht nur die üblichen Verdächtigen, die kein Problem damit haben, mit Putin gemeinsame Sache zu machen. Auch die sogenannten Partner des Westens - Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate oder Ägypten - halten sich mit direkter Kritik an Russland zurück. Die Vereinigten Arabischen Emirate, die im UN-Sicherheitsrat gewissermaßen die arabische Welt repräsentieren, haben sich als nichtständiges Mitglied Ende Februar einer Verurteilung des russischen Angriffs verweigert. Die Stimmenthaltung im Weltsicherheit sollte signalisieren: Mit den alten Loyalitäten ist es vorbei.
Ägypten wiederum verlegte sich aufs Lavieren: In der UN-Generalversammlung hatte es den Angriff auf die Ukraine im Fahrwasser von 140 Staaten verurteilt. Doch Mitte der Woche gab das ägyptische Präsidialamt in Kairo bekannt, Putin und der ägyptische Machthaber Abdel Fatah al-Sisi hätten in einem Telefonat neben der jüngsten Entwicklung in der Ukraine auch über den Ausbau strategischer Kooperationen, weitere gemeinsame Entwicklungsprojekte und die "historischen Verbindungen" beider Länder gesprochen.
Gemeinsame Ablehnung westlicher Werte
Al-Sisi schätzt zwar Waffenexporte aus den USA und Europa. Aber ähnlich wie die Golfmonarchien ist auch das ägyptische Militärregime darauf bedacht, sich aus den damit verbundenen Abhängigkeiten sukzessive zu lösen. Die Unterstützung des damaligen US-Präsidenten Barack Obama für den Arabischen Frühling, der angekündigte Rückzug der Amerikaner aus dem Nahen Osten, die Wiederaufnahme der Atomverhandlungen mit dem Iran - das alles hat die arabischen Autokraten nachhaltig verprellt. Und das europäische Gerede von Demokratie und Menschenrechten geht ihnen nur noch auf die Nerven.
Der Ukraine-Krieg legt das angespannte Verhältnis zum Westen nun bloß. Nicht, dass Ägypten oder die Golfstaaten demnächst überwechseln würden ins russische Lager. Dort gibt es wirtschaftlich zu wenig zu holen. Aber das putinsche Herrschaftssystem passt gut zu den Regimen der arabischen Welt: Schrecke vor brutaler Gewalt nicht zurück, zeige keine Schwächen, vernichte deine Gegner.