Geflüchtete Afghanen Pakistan hält an Abschiebeplänen fest
Gut eine Woche nach Ablauf des Ultimatums zur freiwilligen Ausreise wiederholt Pakistan, afghanische Geflüchtete ohne Aufenthaltsrecht "mit aller Kraft" rückführen zu wollen. 1,4 Millionen Anerkannte hingegen dürften bleiben.
Pakistan hält trotz Kritik von Menschenrechtsorganisationen an der Massenabschiebung afghanischer Flüchtlinge ohne Aufenthaltsrecht fest. "Ich möchte klarstellen, dass die Politik der Rückführung illegaler Immigranten mit voller Kraft fortgesetzt wird", sagte der geschäftsführende Premierminister Anwaarul Haq Kakar, auf einer Pressekonferenz. Er bekräftigte zugleich ein Aufenthaltsrecht für jene, die sich legal im Land aufhalten.
1,4 Millionen anerkannte afghanische Flüchtlinge würden in Pakistan mit "vollem Respekt und in Sicherheit" leben, so Kakar. Alle anderen könnten aber nicht auf unbegrenzte Zeit im Land bleiben. Aktuell verlassen täglich Tausende afghanische Flüchtlinge Pakistan. Die Regierung in Islamabad hatte Geflüchteten ohne Aufenthaltsstatus eine Frist zur freiwilligen Ausreise bis zum 1. November gesetzt, andernfalls drohten ihnen Verhaftung und Ausweisung.
Seit Ankündigung der Maßnahme kehrten nach Regierungsangaben bereits mehr als 250.000 Afghaninnen und Afghanen in ihr Heimatland zurück. Hilfsorganisation zufolge verfügen die Menschen vor Ort kaum über Wasser, Essen oder Unterkünfte. Die dort regierenden islamistischen Taliban errichteten in der Nähe der Grenze provisorische Lager und versprachen, den Rückkehrern zu helfen.
Regierung laut eigenen Angaben im Gespräch mit westlichen Ländern
Internationale Hilfsorganisation hatten die pakistanische Regierung heftig dafür kritisiert, ihre Pläne trotz der Herrschaft der Taliban und katastrophaler wirtschaftlicher Bedingungen in Afghanistan umsetzen zu wollen. Nach Regierungsangaben aus Islamabad von Oktober lebten etwa 4,4 Millionen afghanische Geflüchtete in Pakistan, 1,7 Millionen davon ohne gültige Papiere.
Zu ihnen zählen mindestens 25.000 Menschen, die unter anderem für das US-Militär, Hilfsorganisationen oder Medien gearbeitet hatten und die in Pakistan darauf warten, in westlichen Staaten, darunter auch Deutschland, ausreisen zu dürfen. Ein Sprecher der US-Botschaft sagte, Washington sei in engem Kontakt mit der Regierung in Islamabad über diejenigen, die Einreiseanträge in den USA gestellt hätten. Premierminister Kakar zufolge führt die pakistanische Regierung Gespräche mit westlichen Ländern, um die Weiterreise von Afghanen mit Aufnahmezusagen zu erleichtern.
Über das Aufnahmeprogramm der Bundesregierung können auch besonders gefährdete Afghaninnen und Afghanen nach Deutschland kommen. Es richtet sich an Personen, die durch ihren Einsatz für Frauen und Menschenrechte oder durch Tätigkeit in den Bereichen von Justiz, Politik, Medien, Bildung, Kultur, Sport oder Wissenschaft besonders exponiert sind. Bislang wurden rund 600 Menschen in das Programm aufgenommen, nach Deutschland eingereist sind laut Bundesinnenministerium allerdings erst dreizehn Personen. Insgesamt reisten den Angaben zufolge rund 30.000 besonders gefährdete Afghaninnen und Afghanen nach Deutschland ein. Darunter waren auch rund 19.300 ehemalige Ortskräfte, die für Institutionen der Bundesregierungen tätig waren, und deren Familien.
Maßnahmen werden mit Terrorgefahr begründet
Als Grund für die Abschiebungen hatte Innenminister Sarfraz Bugti eine Verschärfung der Sicherheitslage genannt. Pakistan kämpft neben einer schweren Wirtschaftskrise mit einem Erstarken der pakistanischen Taliban (TTP). Dafür seien auch afghanische Flüchtlinge verantwortlich, so die Regierung.
"Nach der Bildung der afghanischen Übergangsregierung im August 2021 hatten wir die starke Hoffnung, dass es in Afghanistan langfristigen Frieden geben würde", sagte Premierminister Kakar laut pakistanischen Medien. Die Hoffnung, dass die Taliban-Regierung extremistische Gruppen wie die TTP daran hindern werde, von Afghanistan aus gegen das Nachbarland zu agieren, habe sich jedoch nicht erfüllt. Vielmehr sei es seit Bildung der afghanischen Übergangsregierung in Pakistan zu einem Anstieg der Terroranschläge um 60 Prozent und der Selbstmordanschläge um 500 Prozent gekommen.
"In den letzten zwei Jahren kamen 2.267 unschuldige Bürger durch dieses tragische Blutvergießen ums Leben, für das die Terroristen der TTP verantwortlich sind, die von afghanischem Boden aus feige Angriffe auf Pakistaner verüben", sagte Kakar.