Empörung über Vergleich Netanyahu sieht Oslo-Abkommen als "Erbsünde"
Nach dem Osloer Friedensabkommen von 1993 seien genauso viele Menschen getötet worden wie beim Hamas-Massaker vom 7. Oktober. Mit diesem Vergleich löste Israels Premier Empörung aus - in allen Lagern.
Sein Ziel sei es, dass Israel den Gazastreifen entwaffne und dann dessen Wiederaufbau unter der Führung der arabischen Welt und der Golfstaaten vornehme. Mit diesen Worten zitieren israelische Medien übereinstimmend die Aussagen von Premierminister Benjamin Netanyahu vor dem außenpolitischen Ausschuss des Parlaments.
Netanyahu habe in der nicht-öffentlichen Sitzung gestern zudem erklärt, das Osloer Friedensabkommen mit den Palästinensern in den 1990er-Jahren sei "eine Erbsünde" gewesen. Es seien nach Oslo genauso viele Menschen getötet worden wie beim Hamas-Massaker vom 7. Oktober.
Mit dem im September 1995 unterzeichneten "Interimsabkommen über das Westjordanland und den Gazastreifen" wurden die Vereinbarungen konkretisiert. Ziel war die schrittweise Vorbereitung einer Zwei-Staaten-Lösung, woraus am Ende ein souveräner palästinensischer Staat entstehen sollte. Umgesetzt wurde das Abkommen trotz mehrerer Versuche, es wiederzubeleben, nicht. Seit 2014 hat es keine ernsthaften Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern mehr gegeben.
Heftige Kritik an Netanyahus Vergleich
Politiker des gemäßigten und auch des rechtsnationalen Lagers verurteilten diesen Vergleich Netanyahus als vollkommen unzulässig: "Eine Aussage, die zwischen Oslo und dieser schrecklichen Katastrophe, die uns an diesem schwarzen Samstag widerfahren ist, vergleicht, ist Zeugnis einer billigen, vernachlässigten Führung", sagt Elazar Stern, Abgeordneter für Oppositionspartei Yesh Atid im Armee-Radio. Dieser Führung sei die Realität fremd.
Die Vorsitzende der Arbeitspartei, Merav Michaeli, warf Netanyahu vor, er sei zu seiner Kampagne zurückgekehrt, wonach er der Einzige sei, der einen palästinensischen Staat verhindern könne. Nie habe er aber eine Alternative präsentiert. Ohne ein diplomatisches Abkommen und eine Zwei-Staaten-Vision werde "niemand kommen, um beim Wiederaufbau des Gazastreifens zu helfen oder eine wirtschaftliche Investition zu tätigen", so Michaeli.
Gazastreifen wird weiter bombardiert
Unterdessen berichteten Einwohner im Süden des Gazastreifens von anhaltend schweren Bombardements. Bei Luftangriffen auf Wohngebäude in Rafah und Chan Yunis seien 22 Menschen getötet und Dutzende verletzt worden, meldete am Vormittag die offizielle palästinensische Nachrichtenagentur Wafa.
Das UN-Hilfswerk für die Palästinenser (OCHA) berichtete, dass es weiterhin heftige Kämpfe in der Nähe von Krankenhäusern gebe. So sei gestern die Entbindungsstation des Kamal-Adwan-Krankenhauses in Beit Lahija im Norden des Gazastreifens getroffen worden. Dabei seien zwei Mütter getötet und mehrere Menschen verletzt worden.
Das Hospital, in dem rund 3.000 Binnenvertriebene auf ihre Evakuierung warteten, sei von israelischen Truppen und Panzern umzingelt. Seit Tagen würde dort von Kämpfen mit Hamas-Bewaffneten berichtet. Verteidigungsminister Joav Gallant forderte am Montagabend die Hamas auf, ihre Waffen niederzulegen und sich zu ergeben. "Wir stehen kurz vor dem Durchbruch im nördlichen Gazastreifen und in Gaza-Stadt, und wir werden diese Operation auch an anderen Orten fortsetzen", so Gallant weiter.
Al-Aksa-Mitglieder im Westjordanland getötet
In Dschenin im besetzten Westjordanland sind nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministerium vier Männer bei einem Drohnenbeschuss getötet worden. Die Männer hätten den Al-Aksa-Märtyrer-Brigaden angehört, dem bewaffneten Arm der Fatah.