Krieg in Nahost Israel setzt Angriffe auf Chan Yunis fort
Israel setzt den Kampf gegen die Hamas im Süden des Gazastreifens fort. "Hölle auf Erden" nennt UNRWA-Direktor Lazzarini das Gebiet. Zudem denkt Israel laut über einen Krieg mit der Hisbollah nach.
Chan Yunis, die größte Stadt im südlichen Gazastreifen, ist weiter ein Schwerpunkt der israelischen Bodenoffensive. Die Armee meldet heftige Kämpfe am Boden und fliegt zur Unterstützung weiter schwere Luftangriffe. Rund 250 Ziele im Gazastreifen wurden Militärangaben zufolge in der vergangenen Nacht angegriffen. Die Opferzahlen unter der Zivilbevölkerung steigen weiter.
Das Nasser-Krankenhaus in Chan Yunis ist eine der größten Kliniken im Gazastreifen. Ausgelegt ist sie für maximal 1.000 Patienten, doch aktuell seien es 3.500, sagte Kliniksprecher Marwan Fayed der Nachrichtenagentur Reuters: "Die schweren israelischen Bombardierungen führen zu vielen Opfern. Die Betten in allen Abteilungen sind voll." Weil die Stationen überfüllt seien, müssten die Patienten auf den Fluren versorgt werden. "Manche liegen in Betten, andere auf dem Boden."
Netanyahu dankt USA für UN-Veto
Hilfslieferungen gelangen weiterhin nur sehr eingeschränkt in das Palästinensergebiet und das, was reinkommt, erreicht wegen des Kampfgeschehens viele Notleidende nicht. "Hölle auf Erden" nennt Philippe Lazzarini, Direktor des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen für die Palästinenser (UNRWA), den Gazastreifen mittlerweile. Auch er verlangt eine sofortige Feuerpause.
Doch danach sieht es nicht aus. Israel werde den "gerechten Krieg" gegen die Hamas fortsetzen, erklärte Premierminister Benjamin Netanyahu. Und er dankte den USA dafür, dass sie mit ihrem Veto im UN-Sicherheitsrat einen Antrag blockierten, in dem eine Waffenruhe gefordert wurde.
Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen. Schraffur: Israelische Armee
Experten rechnen mit monatelangen Kämpfen
Die Kämpfe im Gazastreifen werden nach Ansicht israelischer Experten noch wochenlang intensiv bleiben und insgesamt noch Monate andauern. "Wir dürfen nicht mit der Stoppuhr dastehen, denn wir haben die Zeit", sagte Tamir Heymann, Direktor des israelischen Instituts für Sicherheitsstudien, im Sender Kanal 12. "Die Amerikaner geben uns all die Zeit, die wir brauchen, solange wir humanitäre Hilfe reinlassen. Aber wir müssen jetzt, wo wir noch die Zeit haben, anfangen darüber nachzudenken, wie wir danach weitermachen wollen."
Die US-Regierung will für die Zeit nach den Kämpfen eine Lösung im Gazastreifen, die auch die Rechte der palästinensischen Zivilbevölkerung berücksichtigt. Für Israel hat die Sicherheit der eigenen Bevölkerung Priorität.
Weitere Raketen aus dem Libanon
Das gilt auch für die Nordgrenze zum Libanon. Nahezu täglich kommt es zu gegenseitigem Beschuss zwischen der Hisbollah-Miliz im Südlibanon und der israelischen Armee. "Es kann sein, dass wir, wenn die Kämpfe im Gazastreifen vorbei sind, Krieg im Norden führen müssen", sagte Zachi Hanegbi, nationaler Sicherheitsberater Israels, im Interview mit Kanal 12.
"Wir wollen nicht an zwei Fronten kämpfen und das wissen alle", räumte er gleichzeitig ein. "Wir haben den Amerikanern übermittelt, dass wir nicht an einem Krieg dort interessiert sind. Aber wir haben keine andere Wahl, als eine neue Realität im Norden zu erstellen, solange die Hisbollah so bleibt, wie sie sich bisher zeigt: provokativ, gefährlich und aufmüpfig."
Am Morgen gab es im israelischen Grenzgebiet zum Libanon erneut Raketenalarm. Israelischen Medienberichten zufolge übernahm die Hisbollah die Verantwortung für den Beschuss. Israels Armee reagierte mit Angriffen auf Ziele im Libanon.