Militärherrschaft in Myanmar Neues Jahr mit altem Grauen
In Myanmar beginnt das neue Jahr. Die üblichen feierlichen Zusammenkünfte und fröhlichen Wasserschlachten gab es aber nicht. Denn seit mehr als einem Jahr geht das Militär blutig gegen die eigene Bevölkerung vor.
"Es ist normalerweise die fröhlichste Zeit für die Menschen in Myanmar", erzählt eine junge Frau über die Neujahrsfeiern. "Dieses Jahr wollte niemand feiern, während die Junta versucht hat, das Chaos im Land zu überdecken, indem sie Bühnenshows in den größeren Städten organisierte. Doch die Straßen von Yangon und anderen Großstädten waren totenstill", sagt die Frau, die zu ihrer eigenen Sicherheit anonym bleiben will.
Die Menschen demonstrierten durch Schweigen ihren Protest gegen die Militärherrschaft. Die üblichen Wasserschlachten fielen aus. Nach burmesischer Tradition waschen sie die Sünden des vergangenen Jahres fort. "Deshalb haben die Menschen von Myanmar nicht mit Wasser gespielt, denn sie wollten nicht das Blut der Unschuldigen hinfortwaschen, die ihr Leben geopfert haben im Kampf für die Demokratie in Myanmar."
Hundert Menschen zum Tode verurteilt
Es sind 1773 Menschen, die ihr Leben gelassen haben. So zählt es die Menschenrechtsorganisation AAPP und weist darauf hin, dass das nur die Zahl ist, die sie verifizieren konnten. Die wahre Opferzahl sei viel höher. Mehr als zehntausend hat die Junta ins Gefängnis gesteckt, für zweitausend gibt es einen Haftbefehl, und hundert Menschen sind zum Tode verurteilt worden.
"Bei der alljährlich üblichen Neujahrs-Amnestie wurden 1600 Gefangene freigelassen, aber nur Kriminelle, die für Drogenvergehen und ähnliches einsaßen. Keine politischen Gefangenen, niemanden, der für seinen Protest gegen die Junta verhaftet wurde, keine Journalisten", erzählt die junge Frau niedergeschlagen. Ein enges Familienmitglied sitzt im Gefängnis - Journalist, wie sie auch. Sie konnte noch ins Nachbarland Thailand fliehen.
Aung San Suu Kyi wartet auf ihr nächstes Urteil
Auch Aung San Suu Kyi wurde nicht freigelassen: Die frühere De-facto-Regierungschefin und Demokratie-Ikone sitzt seit Beginn des Putsches im vergangenen Februar im Gefängnis. Sie darf zu Gerichtsterminen gehen und erwartet ihr nächstes Urteil, diesmal wegen Korruption.
In einer ganzen Reihe von Verfahren könnten ihr insgesamt 150 Jahre Gefängnis drohen. Menschenrechtler sagen, dass die Vorwürfe, von Korruption bis Wahlbetrug, allesamt nicht zutreffen und die charismatische Politikerin nur vom Amt fernhalten sollen.
Die Menschen protestieren weiter
Obwohl die Junta weiterhin hart gegen Demonstranten vorgeht, protestieren die Menschen im ganzen Land weiter. Mehr als 8000 Soldaten haben die Armee verlassen, sagen Organisationen, die Soldaten helfen zu desertieren. Viele junge Menschen aus den Städten, denen die friedlichen Proteste nicht mehr genügten, haben im Dschungel ein Kampftraining absolviert, erzählt die junge Frau.
"Sie kehren in die Städte zurück, um dort im Untergrund zu kämpfen. Sie greifen Waffendepots an, Geschäfte, die dem Militär gehören, den Armee-Golfclub und die Luftwaffe. Sie töten Sicherheitskräfte rund ums Anwesen des Juntachefs und seiner Minister. Und sie haben angekündigt, noch höherrangige Juntamitglieder zu töten."
Die wirtschaftliche Lage ist schlecht
Gleichzeitig verschlechtert sich die wirtschaftliche Lage des Landes weiter: Sanktionen des Westens, eine abstürzende Währung, kein Rohmaterial, und bald kein Treibstoff mehr. Ein Mann aus Yangon, der größten Stadt des Landes, beschreibt das Chaos an den Tankstellen: "Nur einige Tankstellen haben geöffnet, die Menschen drängeln sich. Manche stehen schon den halben Tag an, um ein wenig Treibstoff zu bekommen, aber sie dürfen nur ganz wenig kaufen."
Er fürchtet, dass der Transportsektor zusammenbricht, dass die Schwarzmärkte wieder aufblühen. Die Geschäfte, Unter-, Mittel- und Oberschicht, alle leiden - und dagegen helfe nur eines: "Wir erwarten ein Ende der Diktatur. Sobald die Junta fällt, werden die Dinge wieder funktionierten." Doch bis dieses Ende erreicht wird, kann der Konflikt in Myanmar noch viel blutiger werden.