Großdemos in Israel Zehntausende fordern Geisel-Abkommen
In Tel Aviv und anderen israelischen Städten haben erneut Zehntausende Menschen für eine Vereinbarung mit der Hamas zur Freilassung der seit fast acht Monaten verschleppten Geiseln demonstriert. Auch Neuwahlen wurden wieder gefordert.
Nach Bekanntwerden von Details eines von Israel akzeptierten Vorschlags für ein Geisel-Abkommen haben in Israel wieder Zehntausende für einen solchen Deal mit der Terrororganisation Hamas demonstriert. Die Demonstrationen richteten sich aber auch gegen die israelische Regierung. Auf Plakaten bei der Kundgebung in Tel Aviv war unter anderem zu lesen, US-Präsident Joe Biden interessiere sich mehr für die Geiseln als Israels Premier Benjamin Netanyahu. Einige Demonstranten hatten US-Flaggen dabei. Auch in Jerusalem, Haifa, Beerscheva und weiteren Orten demonstrierten Menschen für die Freilassung der noch immer im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln.
Laut Medien bis zu 120.000 Menschen in Tel Aviv
Im Zentrum der Küstenmetropole Tel Aviv forderten die Demonstranten lautstark Neuwahlen. Sie skandierten, die Zeit der rechts-religiösen Koalition sei vorbei. Viele Demonstranten werfen der israelischen Führung unter anderem vor, nicht genug für die Freilassung der Geiseln zu tun. Die israelische Zeitung Times of Israel berichtete unter Berufung auf die Organisatoren, dass allein zur Kundgebung in Tel Aviv 120.000 Menschen gekommen seien. Es sei der größte Protest seit dem 7. Oktober.
In Tel Aviv kam es zu Zusammenstößen einiger Demonstranten mit der Polizei. Einsatzkräfte nahmen laut Medienberichten mehrere Menschen fest.
"Biden wollte, dass Öffentlichkeit weiß, was auf dem Tisch liegt"
Mehrere Familienangehörige von Geiseln wandten sich an die Medien und forderten Israels Regierung auf, den von US-Präsident Biden am Freitag vorgestellten Vorschlag anzunehmen. Die Times of Israel zitierte eine Frau, deren Sohn im Gazastreifen festgehalten werde, mit den Worten, dass Bidens Rede nach einer langen Zeit der Verzweiflung erstmals echte Hoffnung biete.
Der US-Präsident habe am Freitag die Ansprache öffentlich gehalten, weil er wisse, dass Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu den Deal noch torpedieren könne. "Biden wollte, dass die Öffentlichkeit weiß, was wirklich auf dem Tisch liegt", so die Frau dem Bericht zufolge. Sie sei besorgt, weil Netanyahu den Deal noch nicht öffentlich gebilligt habe.
Der von Biden präsentierte Plan enthält drei Phasen: Die erste sieht eine vollständige und uneingeschränkte Waffenruhe von sechs Wochen und einen Rückzug der israelischen Streitkräfte aus allen dicht besiedelten Gebieten in Gaza vor. Es würde zunächst eine bestimmte Gruppe von Geiseln freigelassen - darunter Frauen, Ältere und Verletzte. Im Gegenzug würden Hunderte Palästinenser freikommen, die in Israel inhaftiert sind. In einer zweiten Phase würden die Kämpfe dann dauerhaft eingestellt und die verbliebenen Geiseln freigelassen. In einer letzten Phase würde ein Wiederaufbau des Gazastreifens beginnen.
Netanyahu: Keine Waffenruhe ohne Zerschlagung der Hamas
Netanyahu hatte am Samstag erneut mitgeteilt, die Bedingungen für eine Beendigung des Krieges hätten sich nicht geändert. Voraussetzung sei die Zerschlagung der Führung und der militärischen Fähigkeiten der Hamas sowie die Rückkehr aller Geiseln, hieß es in einer Mitteilung von Netanyahus Büro. Eine ähnliche Erklärung hatte es bereits am Freitagabend nach Bidens Ansprache veröffentlicht. Dass Israel einem dauerhaften Waffenstillstand zustimmen werde, bevor diese Bedingungen erfüllt seien, sei ausgeschlossen.
Die Hamas teilte mit, sie wolle den Pan für ein Gaza-Abkommen prüfen. Man erachte Bidens Vorschlag positiv, sagte der im Libanon ansässige Hamas-Sprecher Osama Hamdan im libanesischen Fernsehen. Man werde ihn sich zunächst genau anschauen, um darauf reagieren zu können.