Stichwahl im Iran Kann Peseschkian Präsident werden?
Die erste Runde der Präsidentenwahl im Iran hatte der als gemäßigt geltende Kandidat Peseschkian gewonnen. Ob er auch heute in der Stichwahl siegt? Womöglich hängt das auch vom geistlichen Führer Khamenei ab.
Wildes Durcheinander in einer Fernsehdebatte der beiden Kandidaten für die Stichwahl im Iran, Massud Peseschkian und Said Dschalili. Streitthema Nummer eins ist die Wirtschaftspolitik. Die Iraner und Iranerinnen erwarten endlich bessere Lebensbedingungen. Für Peseschkian ist der Weg dorthin klar. Die Sanktionen gegen den Iran lähmen das Land, betont er: "Ich betrachte die Sanktionen als ernsthaften Schaden für unsere Wirtschaft, aber mein Bruder Dschalili sagt, dass Amerika und der Westen verlieren, ihre Wirtschaft einbricht."
Peseschkian strebt normale oder sogar gute Beziehungen zum Ausland an, auch zu den USA - Hauptsache die Sanktionen werden gelockert. Einzig Israel nimmt er aus - ein unumstößliches Gesetz im Iran seit der Islamischen Revolution 1979. "Meine Außenpolitik basiert auf Realismus", schiebt Peseschkian noch hinterher.
Peseschkian für Verhandlungen mit den USA
Es geht um die Sanktionen - allen voran der USA - gegen den Iran wegen des Atomprogramms. Man müsse wieder verhandeln. Peseschkians erzkonservativer Gegenspieler Dschalili war Chefunterhändler in früheren Verhandlungen. Vielen galt er dabei eher als Verhinderer, weniger als Ermöglicher. Er meint, die Bedeutung der USA und der Sanktionen werde überbewertet: "Es ist falsch zu denken, dass alles von Amerika und dem Westen abhängt und es ohne sie nicht besser werde."
Dschalili spricht von alternativen Handelspartnern für den Iran. Damit dürfte er vor allem Russland und China meinen. Bei manchen kommt das gut an. Von Peseschkians Linie halten einige Zuschauer der TV-Debatte wenig. "Peseschkian scheint alles auf die Verhandlungskarte zu setzen", sagt ein Mann, der das Duell im Fernsehen verfolgt. "Aber wenn Trump US-Präsident wird, kommt er damit nicht weiter. Er hat keinen Plan."
Im ersten Wahlgang hatten nur 40 Prozent der Wähler und Wählerinnen ihre Stimme abgegeben.
Dilemma für obersten Führer Khamenei
Einige befürchten, der oberste Führer Ali Khamenei habe einen Plan, das Wahlergebnis manipulieren zu lassen, sollte Peseschkian vorn liegen. Dabei steckt Khamenei womöglich in einem Dilemma: Die Ansichten des moderat-konservativen Politikers - etwa zur Kopftuchpflicht - werden als liberaler verstanden und sind nicht die Khameneis.
Gewinnt Peseschkian, könnte das der Protestbewegung im Iran neuen Schub geben. Entsteht jedoch der Anschein der Wahlfälschung zugunsten Dschalilis, dürfte es sowieso zu neuen Protesten kommen - so wie 2009. Damals, so glauben viele, sei das Wahlergebnis gefälscht worden.
Peseschkian liegt in Umfragen vorn
In Umfragen legt Peseschkian angeblich weiter zu. Will er die Stichwahl gewinnen, muss er jedoch auch viele Menschen, die in der ersten Runde nicht gewählt haben, von sich überzeugen.
Dieses Mal, sagt einer, der in der ersten Runde nicht gewählt hat, geht es ums Ganze: "Das System muss endlich etwas verbessern. Wenn es das wieder nicht schafft, wird es auch die 40 Prozent verlieren, die noch gewählt und damit für das System gestimmt haben."