Hisbollah-Chef droht Israel "Wir haben keine Angst vor dem Krieg"
Nach dem Tod des Hamas-Funktionärs al-Aruri im Libanon hat die Hisbollah Ziele in Israel angegriffen. Hisbollah-Chef Nasrallah machte Israel für die Tötung al-Aruris verantwortlich - und kündigte eine "Reaktion und Bestrafung" an.
Nach der Tötung des Hamas-Anführers Saleh al-Aruri in Beirut hat die libanesische Hisbollah-Miliz erneut Ziele in Israel angegriffen. Bei insgesamt elf Angriffen seien israelische Grenzposten attackiert worden, teilte die Hisbollah mit. In vier Fällen seien Kurzstreckenraketen vom Typ Burkan eingesetzt worden.
Israels Armee registrierte eigenen Angaben nach mehrere Raketenstarts aus dem Nachbarland, die israelischen Zielen gegolten hätten. Als Reaktion griff das Militär demnach die Orte des Beschusses an. Soldaten hätten zudem Terroristen im Libanon sowie "die terroristische Infrastruktur der Hisbollah" attackiert.
Hisbollah meldet mehrere Tote
Die Schiitenmiliz teilte mit, Israels Armee habe unter anderem ein Haus in der Grenzregion angegriffen und dabei drei Menschen getötet. Israel habe Stellungen der Hisbollah auch mit Artillerie attackiert. Insgesamt meldete die schiitische Miliz neun getötete Kämpfer. Es handelt sich um eine der höchsten Opferzahlen innerhalb eines Tages während der seit fast drei Monaten andauernden Zusammenstöße zwischen Hisbollah und israelischen Soldaten vor dem Hintergrund des Krieges zwischen Israel und der Hamas.
Die mit der Hamas verbündete Hisbollah gibt Israel die Schuld am Tod al-Aruris und hatte Vergeltung angekündigt. Al-Aruri war als Vize-Leiter des Politbüros der Hamas der zweithöchste Anführer der islamistischen Palästinenserorganisation im Ausland. Er war am Dienstagabend zusammen mit sechs weiteren Hamas-Funktionären in einem südlichen Vorort von Beirut getötet worden. Einem Bericht der staatlichen libanesischen Nachrichtenagentur Ani zufolge wurde der Angriff von einer israelischen Drohne ausgeführt.
Anhänger jubeln während einer Rede des Hisbollah-Führers Hassan Nasrallah, der per Videolink spricht.
Nasrallah beschuldigt Israel
In einer Rede am Abend machte Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah Israel für die Tötung al-Aruris verantwortlich. Er sprach von einem "eklatanten israelischen Angriff" auf Beirut. "Israel hat versucht, durch die Ermordung von al-Aruri ein Siegesbild zu vermitteln", so Nasrallah. Doch Israels Fähigkeit zur Abschreckung sei seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober kollabiert. Israel sei geschwächt.
Nasrallah warnte: "Wer über einen Krieg mit uns nachdenkt, wird es bereuen", sagte er. "Wenn der Feind einen Krieg gegen den Libanon beginnt, werden wir uns an keine Regeln mehr halten." Die Ermordung al-Aruris sei ein "gefährliches Verbrechen, das nicht ohne Reaktion und Bestrafung bleiben wird", betonte Nasrallah. "Wir haben keine Angst vor dem Krieg und wir zögern nicht."
Nasrallahs Ansprache war bereits vor al-Aruris Tod geplant. Anlass war der vierte Jahrestag der Tötung des mächtigen iranischen Generals Ghassem Soleimani, der 2020 im Irak von den USA durch einen Drohnenangriff getötet wurde. Doch vor dem Hintergrund der Tötung Al-Aruris war die Rede mit Spannung erwartet worden. Nasrallah kündigte nun an, sich am Freitag erneut an die Öffentlichkeit wenden zu wollen. "Bestimmte aktuelle Themen werde ich am Freitag statt heute Abend besprechen", sagte er.
Israel will Tötung nicht kommentieren
Israel macht al-Aruri für die Planung zahlreicher Anschläge verantwortlich. Die Armee wollte die Tötung des hochrangigen Hamasvertreters auf Anfrage nicht kommentieren. Armeesprecher Daniel Hagari sagte, Israel sei "in hohem Maße auf jedes Szenario" vorbereitet.
Der Sprecher des Weißen Hauses, John Kirby, sagte auf die Frage nach Nasrallahs Rede: "Wir haben nicht gesehen, dass die Hisbollah der Hamas zur Seite gesprungen wäre." Ein US-Beamter, erklärte unter der Bedingung der Anonymität, weder die Hisbollah noch Israel wollten einen Krieg. "Nach allem, was wir wissen, gibt es keinen eindeutigen Drang der Hisbollah, gegen Israel in den Krieg zu ziehen und umgekehrt." Wer für den Anschlag in Beirut verantwortlich sein könnte, ließ das US-Außenministerium offen. Eine Stellungnahme der radikal-islamischen Hamas liegt nicht vor.
Seit Beginn des Krieges im Gazastreifen vor drei Monaten greift auch die Hisbollah Israel nahezu täglich vom Südlibanon aus an. Die israelische Armee reagiert auf die Angriffe mit verstärkten Luftangriffen im Libanon und in Syrien. International wächst die Sorge, dass sich der Krieg auch auf den Libanon ausweiten könnte. Die Tötung von al-Aruri hat Sorgen geschürt, dass die Hisbollah nun voll in den Gaza-Krieg eintreten und Israel zu einem Mehrfrontenkampf zwingen könnte.