Medienfreiheit in China Zwei Journalisten in Hongkong verurteilt
In Hongkong sind zwei Journalisten der Volksverhetzung schuldig gesprochen worden. Sie waren Chefredakteure eines mittlerweile eingestellten Nachrichtenportals. Das Strafmaß soll im kommenden Monat verkündet werden.
Rückschlag für die Pressefreiheit: In Hongkong hat ein Gericht zwei Journalisten wegen Volksverhetzung verurteilt. Es geht um den ehemaligen Chefredakteur Chung Pui-kuen und seinen Stellvertreter Patrick Lam, die beim pro-demokratischen Nachrichtenportal Stand News tätig waren.
Die Richter befanden sie für schuldig, die Behörden der Zentralregierung in Peking und die Hongkonger Regierung "verleumdet und diffamiert" zu haben. Texte des Nachrichtenportals wurden als aufrührerisch eingestuft. Den Journalisten könnte nun eine Haftstrafe von bis zu zwei Jahren drohen. Grundlage für das Urteil ist ein Gesetz aus der ehemaligen britischen Kolonialzeit.
Nach den pro-demokratischen Protesten 2019 mit teils gewaltsamen Ausschreitungen hat die chinesische Zentralregierung in Peking ein sogenanntes Staatssicherheitsgesetz in Hongkong eingesetzt. Unter diesem sind ehemals garantierte Freiheiten in Hongkong eingeschränkt worden.
Strafmaß soll im September verkündet werden
Pui-kuen und Lam haben zwischenzeitlich bereits knapp ein Jahr im Gefängnis gesessen und kamen zu Prozessbeginn auf Kaution frei. Sie waren im Dezember 2021 festgenommen worden, nachdem Polizisten der Staatssicherheit die Redaktionsräume gestürmt hatten.
Stand News sah sich danach gezwungen, zu schließen - so wie andere Medien in der Sonderverwaltungsregion auch. Ähnlich ging es zum Beispiel Apple Daily, Citizen News und weiteren Nachrichtenseiten. Sie schlossen aus Vorsicht, nicht gegen Gesetze verstoßen zu wollen, oder aufgrund konkreter Vorwürfe. Apple-Daily-Gründer Jimmy Lai sitzt seit Jahren im Gefängnis und muss sich ebenfalls vor Gericht verantworten.
Die Staatsanwaltschaft führte in dem Prozess um die Stand-News-Journalisten zahlreiche Artikel des Mediums als Beweismittel an, in denen die Beschneidung von Freiheiten durch die Zentralregierung in Peking kritisiert wurde. Das Strafmaß soll im September verkündet werden.
Die Entscheidung des Gerichts wurde von einem großen Medieninteresse begleitet.
NGOs kritisieren Urteil
Kritik gegen das Urteil kommt von Nichtregierungsorgansiationen. Cédric Alviani, Direktor des Asien-Pazifik-Büros von Reporter ohne Grenzen, mahnte, das Urteil schaffe einen "sehr gefährlichen Präzedenzfall" für Journalisten. Wer über Fakten berichtet, die nicht mit der offiziellen Erzählung der Behörden übereinstimmen, könne nun verurteilt werden.
Auch Human Rights Watch kritisiert die Entscheidung des Gerichts: "Das heutige Urteil gegen die ehemaligen Redakteure von Stand News markiert einen weiteren Meilenstein im alarmierenden Abbau grundlegender Rechte in Hongkong", kritisierte Maya Wang, stellvertretende Asien-Direktorin bei Human Rights Watch.
Auf der Liste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen ist die Sonderverwaltungszone in den vergangenen zwei Jahrzehnten von Platz 18 auf Platz 135 abgerutscht.
Mit Informationen von ARD-Korrespondentin Eva Lamby-Schmitt aus Shanghai