Gipfel in Brüssel ASEAN - für die EU eine Alternative zu China?
Zum ersten Mal sind die Staats- und Regierungschefs der EU und der ASEAN-Staaten in Brüssel zusammengekommen. Die EU hofft auf engere wirtschaftliche Beziehungen - auch als Alternative zu China.
Zu feierlicher Musik und in dicke Mäntel gehüllt stehen Bundeskanzler Olaf Scholz und Singapurs Premierminister Lee Hsien Loong am Dienstag in Kiel im Hafen. Sie taufen zwei U-Boote für Singapurs Marine. "Sei es Sicherheitspolitik, Klimaschutz oder Innovation. Uns verbinden wirtschaftliche und geopolitische Interessen", erklärt Scholz, der erst vor wenigen Wochen für eine Wirtschaftskonferenz zu Besuch in Singapur war.
Erstes Gipfeltreffen
Die beiden Regierungsschefs schütteln sich die Hände, umrahmt von den Flaggen Deutschlands, Singapurs und der EU. Dort, in Brüssel, sehen sie sich heute wieder. Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union und der ASEAN-Staaten treffen sich heute zum ersten Mal.
Die Hauptthemen sind Klimaschutz, Sicherheit und Handel, erklärte der EU-Botschafter beim Verband südostasiatischer Staaten vor wenigen Tagen in Jakarta: "Unsere Länder liegen auf gegenüberliegenden Teilen des Globus. Aber wir sind sehr verbunden. Wir sind uns gegenseitig die drittgrößten Handelspartner. Aber es gibt noch viel ungenutztes Potenzial."
EU auf ASEAN angewiesen
Mit Singapur, dem kleinen Land in den Tropen, pflegen Deutschland und die EU bereits enge Beziehungen. Es gibt sogar ein Freihandelsabkommen. Ebenso mit Vietnam, erklärt Frederick Kliem, Politikwissenschaftler an einem außenpolitischen Forschungsinstitut in Singapur. Obwohl Vietnam keine Demokratie, sondern eine sozialistische Einparteiendiktatur sei, sei es möglich gewesen für die EU, ein Freihandelsabkommen zu unterzeichnen. "Gleichzeitig hat man Kambodscha im selben Jahr vorgeworfen, dass die demokratischen Prinzipien mit Füßen getreten werden. Hier in der Region ist das so angekommen, dass die EU doppelte Standards hat. Und das ist nicht besonders hilfreich."
Dabei sei die EU auf die ASEAN-Staaten angewiesen. Durch sie könne die EU unabhängiger von China werden, ihre Lieferketten diversifizieren. Diesen Wunsch hat Wirtschaftsminister Habeck gerade erst wieder bei seinem Besuch in Singapur geäußert. "Es war immer China und dann noch was dazu. Das heißt, die größte Herausforderung ist, eine Alternative politisch zu fördern oder aufzubauen."
EU investiert in ASEAN
Also etwa Beziehungen mit Indonesien, Vietnam oder Thailand. Doch die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit ASEAN - dem Verband südostasiatischer Staaten - liege gerade auf Eis. Die EU steckt trotzdem viel Geld in den Verband. Zum Beispiel in die Pandemiebekämpfung, die Ausbildung von Zollbeamten oder die Universitäten. Die Region wächst schnell und hat eine junge Bevölkerung.
Für die ASEAN-Staaten sei die EU allerdings nicht gleichermaßen im Fokus, sagt Politikwissenschaftler Kliem. "Man muss schon sagen, dass die USA und China schon wichtiger sind für ASEAN. Also sicherheitspolitisch finden die USA und China mehr statt. Und im Falle Chinas ist es auch so, dass China natürlich wirtschaftlich eine viel größere Rolle spielt in der Region." Mit dem heutigen EU-ASEAN-Gipfel wollen auch die EU-Staaten ihre Bedeutung in der Region stärken.