China und der Ukraine-Krieg Gespräche ohne Folgen
In den vergangenen Wochen war der chinesische Spitzendiplomat Li Hui in Europa und Russland unterwegs, um mögliche Friedens-Konzepte für die Ukraine auszuloten. Durchschlagenden Erfolg hatte er damit offenbar nicht.
Als Chinas Sondergesandter Li Hui Anfang Juni von seiner diplomatischen Reise aus der Ukraine, aus Russland und aus der EU zurückkam, gab er in Peking eine Pressekonferenz.
China vertrete in der Ukraine-Krise eine objektive und gerechte Position zwischen beiden Seiten, sagte der von Staats- und Parteichef Xi Jinping eingesetzte Sonderbeauftragte.
Nach wie vor spricht Chinas Führung nicht von einem "Krieg" in der Ukraine, sondern von einer "Krise" oder einer "Situation". Diese Wortwahl zeigt, welche Haltung China eigentlich sowohl gegenüber Russland als auch gegenüber der Ukraine einnimmt.
Wenig Konkretes bekannt
Man stehe immer auf der Seite des Friedens, des Dialogs und der Gerechtigkeit, betonte Li Hui, China wolle Friedensgespräche zwischen beiden Seiten aktiv unterstützen.
Konkretes allerdings gab er nicht bekannt, auch nicht, wie es mit der chinesischen Ukraine-Mission weitergeht.
Nach Li Huis Gesprächen in Kiew und Moskau erkenne Chinas Staatsführung nun aber zumindest, wie unversöhnlich sich beide Seiten gegenüberstehen, sagt Alexander Gabuev im Gespräch mit dem ARD-Podcast "Welt.Macht.China". Gabuev leitet das Carnegie Russia Eurasia Center in Berlin.
Chinas Regierung werde nun den Verlauf der ukrainischen Gegenoffensive abwarten und womöglich danach neue diplomatische Bemühungen starten.
China kein neutraler Vermittler
Der neutrale Vermittler, als der sich China seit Kriegsbeginn ins Gespräch bringt, ist das Land allerdings bisher nicht.
Die chinesischen Staatsmedien wiederholen seit Monaten immer wieder die These der russischen Staatspropaganda, wonach die USA und die NATO Schuld seien am Krieg in der Ukraine.
Die kommunistische Führung hat zwar mehrfach betont, alle Staaten hätten ein Recht auf territoriale Unversehrtheit. Den russischen Einmarsch ins Nachbarland verurteilt oder nur kritisiert hat sie bisher aber nicht.
Entsprechend groß ist vor allem in Osteuropa die Skepsis gegenüber Chinas Ukraine-Mission. Der konservative Außenminister Litauens Gabrielius Landsbergis sagte dem ARD-Podcast "Welt.Macht.China", ihm fehle das Vertrauen, an Chinas Ukraine-Mission zu glauben.
"Chinas Führung hatte mehrfach die Möglichkeit, Druck auf Russland auszuüben - getan hat sie aber nichts", so Landsbergis. Stattdessen habe die chinesische Führung ihr Partnerschaft und Freundschaft zu Russland bekräftigt.
Handel zwischen Russland und China boomt
Wirtschaftlich gesehen leidet die Volksrepublik zwar insgesamt unter den weltweiten Verwerfungen, die der russische Einmarsch in die Ukraine ausgelöst hat. Der direkte Handel zwischen China und Russland aber boomt.
So profitiert China von günstigem Öl und Erdgas aus dem Nachbarland. Weil sich die Volksrepublik an den Sanktionen der demokratisch regierten Staaten gegen Russland nicht beteiligt, stoßen chinesische Unternehmen in die Lücken, die sich auftun: Statt Mercedes, Renault und Ford kaufen russische Auto-Käuferinnen und -käufer jetzt Geely, FAW und Dongfeng, statt iPhones vermehrt chinesische Smartphone-Marken.
Dass der Export chinesischer Waren nach Russland seit Kriegsbeginn deutlich zugenommen hat, zeigen die Zahlen des chinesischen Zolls. So hat sich der Wert der im Mai 2023 nach Russland exportierten Waren im Vergleich zu Vorjahreszeitraum mehr als verdoppelt.
Der geostrategische Aspekt aus Sicht Chinas
Entscheidender als die wirtschaftlichen Verbindungen mit Russland sei für Chinas Staats- und Parteiführung aber der langfristige geostrategische Aspekt, sagt Alexander Gabuev vom Berliner Carnegie Russia Eurasia Center.
Für Chinas Führung stehe der - nach ihrer Ansicht - langfristigen Konflikt mit den USA im Mittelpunkt.
Russland hat ein ähnliches autoritäres politisches System wie China. Das Land kann China nach Auffassung der Führung in Peking in der Auseinandersetzung mit den USA hilfreich sein.
BRICS-Gipfel in China?
Nach Xi Jinpings Besuch bei Wladimir Putin in Moskau Ende März könnte es Ende August das nächste Treffen der beiden Staatschefs geben: beim Treffen der Schwellenland-Staatengruppe BRICS in Johannesburg - falls Putin dort hinreist.
Denn die südafrikanischen Behörden müssten den per Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gesuchten mutmaßlichen Kriegsverbrecher Putin bei Einreise festnehmen. Nach Medienberichten hat Chinas Führung Südafrika angeboten, den Gipfel der BRICS-Staaten einfach nach China zu verlegen.
Anders als Südafrika erkennt China den Internationalen Strafgerichtshof nicht an. In der Volksrepublik müsste Putin also keine Festnahme fürchten.