Myanmars Aung San Suu Kyi Sturz einer Ikone
Friedensnobelpreisträgerin, Symbolfigur der Demokratie, tapfere Kämpferin gegen die Militärdiktatur in Myanmar - all das verkörperte Aung San Suu Kyi. Doch seit sie zur de facto Staatschefin aufstieg, war sie nicht unumstritten.
Hier ist die Aung San Suu Kyi, wie die westliche Welt sie kannte und liebte: In Abwesenheit, weil noch im Hausarrest, wird sie als Botschafterin des Gewissens geehrt, im Namen von Amnesty international von U2-Sänger Bono.
Freiwillig war sie aus dem sicheren Großbritannien 1988 unter dem Applaus ihrer Anhänger nach Myanmar zurückgekehrt. Ihr Vater Aung San hatte für die Unabhängigkeit von den britischen Kolonialherren gekämpft. Für den neuerlichen Freiheitskampf ihres Landes hatte seine Tochter 15 Jahre im Hausarrest ausgeharrt, hatte Sanktionen gegen die Junta gefordert, hatte die Augen der Welt auf Myanmars Militärdiktatur gelenkt, hatte den Friedensnobelpreis bekommen und weiter gekämpft, bis die Generäle endlich aufgaben.
Friedensnobelpreis als Realitätscheck
Als sie endlich, mit gut zwanzig Jahren Verspätung, ihre Vorlesung zur Verleihung des Nobelpreises halten konnte, zeigte sie eine große Dankbarkeit.
Der Friedensnobelpreis hat mich wieder in die Welt der anderen Menschen zurückgeholt, aus der isolierten Sphäre heraus, in der ich lebte. Er hat mir das Gefühl von Wirklichkeit zurückgegeben. Und was noch wichtiger ist: Der Nobelpreis hat die Augen der Welt auf den Kampf um Freiheit und Demokratie des Volks von Myanmar gelenkt - wir waren nicht vergessen.
Doch die Wirklichkeit holte sie erbarmungslos ein. Als ihre Partei, die Nationale Liga für Demokratie bei den freien Parlamentswahlen 2015 die absolute Mehrheit gewann, wurde die Kämpferin zur de-facto-Regierungschefin - Präsidentin darf sie nicht sein, die noch von den Militärs verabschiedete Verfassung schließt das aus, weil ihre Kinder britische Staatsbürger sind.
Niemanden vor den Kopf stoßen
Seitdem schien ihr Motto zu sein: Niemanden vor den Kopf stoßen, die Stabilität des Landes muss garantiert sein.
Erwarten Sie nicht, dass wir alle Probleme unseres Landes in nur 18 Monaten lösen. Burma ist eine sehr komplexe Nation, wie Sie alle wissen, und es wird noch komplizierter, dadurch dass alle Welt erwartet, dass wir alle Schwierigkeiten in allerkürzester Zeit überwinden in dieser doch noch sehr unperfekten Demokratie."
Aung San Suu Kyi musste sich mit den Militärs arrangieren, die sich durch die Verfassung ein Viertel der Parlamentssitze und entscheidende Ministerposten garantiert haben.
Kaum Mitgefühl für vertriebene Rohingya
Als das blutige, brutale Vorgehen des Militärs gegen die muslimische Minderheit der Rohingya im Jahr 2017 fast eine Millionen Menschen aus dem Land trieb, warnten die Vereinten Nationen vor einem Völkermord, vor ethnischen Säuberungen. Und nach monatelangem Schweigen sagte Aung San Suu Kyi nur:
Ich gebe zu, die Situation hätten wir besser handhaben können. Aber als Vielvölkerstaat geht es uns vor allem um Sicherheit und Stabilität, wir müssen zu allen Seiten fair sein.
Was die Welt sieht, ist vor allem eine Friedensnobelpreisträgerin und Demokratieikone, die lange zum Schicksal der verfolgten Rohingya-Minderheit geschwiegen hat. Die von Fake News sprach und der Armee freie Hand ließ, sie sogar vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag verteidigte.
Ihre Unterstützer sagten, sie könne nichts tun, die Verantwortlichen säßen beim Militär, Aung San Suu Kyis Hände seien gebunden. Daw Suu, so wird sie mit ihrem Ehrentitel zumindest in Myanmar nach wie vor liebevoll genannt; sie wurde als Garantin für Stabilität gesehen. Im vergangenen November gewann sie bei den Wahlen eine überwältigende Mehrheit. Doch das vorsichtige Arrangieren mit den Militärs hat auf Dauer nichts genutzt.