Streit um ölreiche Grenzregion Venezuela und Guyana vereinbaren Gewaltverzicht
Venezuela und Guyana nähern sich im Streit um die erdölreiche Region Essequibo vorsichtig an. Bei einem Treffen vereinbarten die Staatschefs beider Länder einen Gewaltverzicht. Von einer Lösung des Konflikts kann noch keine Rede sein.
Im Grenzstreit um die ölreiche Region Essequibo gibt es zwischen Venezuela und Guyana wieder Verhandlungen. Gewalt solle "unter keinen Umständen direkt oder indirekt angedroht oder angewendet" werden, hieß es in einer Vereinbarung beider Regierungen nach einem Treffen des venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro mit Guyanas Staatschef Irfaan Ali im karibischen Inselstaat St. Vincent und die Grenadinen.
Außerdem solle jeder Streit zwischen beiden Ländern im Rahmen des Völkerrechts beigelegt werden. Beide Staaten vereinbarten nach Angaben des Portals "El Nacional" auch, eine gemeinsame Kommission mit ihren jeweiligen Außenministern einzurichten, um "gemeinsam vereinbarte Themen zu behandeln".
In drei Monaten soll in Brasilien verhandelt werden
Die Staatschefs Maduro und Ali hatten sich bei ihrem Treffen mit einem Handschlag begrüßt. Der venezolanische Präsident hatte die Begegnung als Möglichkeit bezeichnet, "die territoriale Kontroverse direkt anzusprechen" und angekündigt, sein Land werde seine Rechte verteidigen.
Guyanas Staatschef Ali betonte hingegen, Guyana sei nicht der "Aggressor" und wolle keinen "Krieg", behalte sich aber das Recht vor, "mit unseren Verbündeten zusammenzuarbeiten, um die Verteidigung unseres Landes zu garantieren". Es gäbe keine Chance, dass die Forderungen Venezuelas erfüllt würden. Essequibo werde in Guyana bleiben. Der Grenzstreit müsse zudem vor dem Internationalen Gerichtshof geklärt werden.
An dem Treffen nahmen Vertreter der Karibischen Gemeinschaft, der brasilianischen Regierung, der Gesellschaft Lateinamerikanischer und karibischer Staaten CELAC und UN-Beobachter und teil. In drei Monaten wollen sich beide Parteien in Brasilien wieder treffen, das an beide Länder grenzt.
Schiedsspruch legte Grenze im Jahr 1899 fest
Anfang Dezember hatten sich mehr als 10,4 Millionen von 20,7 Millionen stimmberechtigten Venezolanern an einem nicht bindenden Referendum beteiligt und laut Regierungsangaben mit großer Mehrheit für den Anspruch Venezuelas auf das Gebiet Essequibo in Guyana ausgesprochen. Unabhängige Beobachter und die Opposition zweifeln das aber Ergebnis an. Maduro rief kurz darauf dazu auf, das Gebiet per Gesetz zu einer venezolanischen Provinz zu erklären und Lizenzen für die Ölförderung auszugeben.
Die aktuellen Grenzen des Gebiets wurden 1899 auf Initiative der USA in einem Schiedsspruch eines Tribunals in Paris festgezurrt. Venezuela wiederum beruft sich auf eine Vereinbarung mit dem Vereinigten Königreich von 1966 - unmittelbar bevor die damalige Kolonie Britisch-Guayana unabhängig wurde - in der eine Verhandlungslösung angestrebt wurde.
2015 wurden riesige Ölvorkommen entdeckt
Die Region ist dünn besiedelt, es leben dort vor allem indigene Völker, die sich klar für einen Verbleib in Guyana ausgesprochen haben. Die Begehrlichkeiten der Regierung in Venezuela nahmen zu, nachdem der Ölkonzern ExxonMobil 2015 in dem Gebiet ein Ölvorkommen entdeckt hatte. Im Oktober wurde in der Region ein weiterer bedeutender Ölfund gemacht, der die Reserven Guyanas auf mehr als die des ölreichen Kuwait oder der Vereinigten Arabischen Emirate vergrößert.